Kommt es bei uns zu stundenlangen Abschaltungen der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge? Fest steht, dass die notwendige Energiewende noch nicht voran kommt und Maßnahmen notwendig sind um die Energieversorgung insgesamt zu sichern. Nicht vergleichbar mit uns sind derzeit Informationen aus Großbritannien. Die Times meldet, dass man dort künftig vielleicht für mehrere Stunden nicht nachladen kann. Zu groß scheint im Königreich die Gefahr eines Blackouts. Kann man das mit uns in Deutschland vergleichen?
Energiewende ist falsch gedacht
Demnach soll ab Mai 2022 an jedem Wochentag außer Samstag und Sonntag private Heim-Ladestationen für neun Stunden per Fernzugriff deaktiviert werden. Zeitkorridore von 8 bis 11 Uhr vormittags und 16 bis 22 Uhr am Nachmittag/Abend sind möglich. Und die Gründe wurden auch benannt: Die britischen Stromnetzbetreiber befürchten Blackouts durch einen Zusammenbruch lokaler Verteilernetze, wenn zu viele Elektroautos gleichzeitig laden.
Wenn man bedenkt, dass auf der britischen Insel derzeit nur rund 300.000 Elektrofahrzeuge unterwegs sind ist das schon eine Ansage, die aber auch Gründe hat.
Ab 2030 sollen keine Verbrenner mehr zugelassen werden dürfen. Damit bleibt überwiegend nur die Elektromobilität. Das Problem ist aber, dass die Verteilnetze in Großbritannien schlecht sind. Zu wenig Investitionen in der Vergangenheit, die sich nach Prognosen von Experten aber kaum aufholen lassen. Laut einem Bericht der „Daily Mail“ benötigt Großbritannien bis 2050 durch Elektrofahrzeuge in Spitzenzeiten einen zusätzlichen Strombedarf von 18 GW, das entspreche der Leistung von sechs britischen Atomkraftwerken. Ein Zusammenspiel mit der nötigen Energiewende wird, ähnlich wie in Deutschland, schon immer blockiert und jetzt erkennt man den Fehler im System.
Regulieren ist das letzte Mittel
Wie groß das Problem im Alltag sein wird, bleibt natürlich abzuwarten. Örtlich angespannt dürfte die Situation in Metropolen sein, das Verteilnetz stößt hier schon heute regelmäßig an seine Grenzen. Ob und wie sich das Ladeverhalten auswirken wird ist derzeit noch offen. Insgesamt spricht der größte Energieversorger des Landes von Vorsichtsmaßnahmen.
Was zudem bereits bekannt wurde ist, dass die öffentlichen Ladestationen und Schnelllader an Autobahnen nicht abgeschaltet werden. So lautet zumindest das Versprechen der britischen Regierung. Die hat allerdings schon jetzt Probleme mit flächendeckender Stromversorgung wegen mangelnden Windkraft-Ertrag im Sommer und fehlendem Erdgas-Nachschub, ähnlich wie wir in Deutschland in Abhängigkeit von Russland. Das Laden über Nacht dürfte allerdings kein Problem darstellen. Nachts gibt es in der Regel mehr Strom, als unmittelbar gebraucht würde.
Intelligente Ladestationen aus der Förderungen ermöglichen Regulierungen
Pauschal werden solche und ähnliche Szenarien oft auch für unser Land benannt. Die Ausgangssituation ist aber anders. Zwar ist die Spitzenglättung derzeit nicht geplant, aber Netzbetreiber wissen genau, dass Sie bereits schon heute im Einzelfall an Ihre Grenzen stoßen. Ausgeschlossen ist das ohnehin nicht, wenn man keinen Blackout riskieren will.
Zur Wahrheit gehört aber: Es wird kommen und die, die heute eine geförderte Wallbox aus der KfW Förderung 440 angeschafft haben müssen damit rechnen, dass diese „steuerbare Ladeeinheit“ auch steuerbar sein wird. Der Netzbetreiber wird die Möglichkeit nutzen, wenn es im örtlichen Netz zu Problemen kommen sollte. Man nennt das auch intern „internes Lastmanagement“. Dabei wird die Ladeleistung herunter geregelt. Eine Herausforderung.
Aber sind oder wären diese Zwangsladepausen schlimm? Nein. Überhaupt gar nicht. Die Panik kommt aus dem Anspruch rund um die Uhr laden zu können. Man muss es aber nicht und genau deswegen steckt unbegründete Angst dahinter. Und die Netzbetreiber warnen zurecht, dass es derzeit im Einzelfall zu Problemen kommen könnte. Längst werden Szenarien dafür vom Bundeswirtschaftsministerium vorbereitet.
Spitzenglättung wird bei uns derzeit verschwiegen
Wir kennen das Thema gut, denn wir konzipieren auch Ladeinfrastruktur für Unternehmen. Dabei erleben wir auch bei den Netzbetreibern Grenzen. Ladeleistungen, die nicht möglich sind und Projekte die teilweise sogar gar nicht realisiert werden können. Das Netz gibt dann und dann Grenzen auf. Auch in Wohngebieten bekommt der eine Hausbesitzer die Möglichkeit für eine Wallbox. Andere Anwohner gehen leer aus. 11 kW Ladeleistungen pro Ladepunkt im gewerblichen oder privaten Alltag reichen in der Regel völlig aus.
Oft wird sogar ein Last-Management nötig oder sogar vorgeschrieben. Auch dann kommt man prima zurecht. Günstiger ist es in der Regel sowieso. Warum manche auf 22 kW beharren, ist unklar. Die Grenze des Machbaren wird aber auch geregelt. So muss jeder Ladepunkt ab 12 kW Ladeleistung vorab genehmigt werden und schon heute werden dann Auflagen erteilt. So werden Ladezeiten definiert und Zeiten benannt, in denen das Aufladen nicht möglich ist. Es funktioniert in der Regel offensichtlich gut.
Klar gesagt werden muss aber auch, dass sich das Themenfeld, inklusive Netzumbau oder – Ausbau entwickeln dürfen. Der eine Netzbetreiber ist gut, andere schlecht aufgestellt. Hier müssen wir alle lernen und vor allem umdenken. Jeder in dem Bereich weiß, dass wir Maßnahmen brauchen, aber aktuell wird das Thema eher ignoriert, statt die Wahrheit zu sagen.
Panik wegen nichts
Eine Gefahr sehe ich derzeit nicht. Örtlich und regional unterschiedlich wird es aber zur Regulierung kommen – im Interesse aller. Und es ist nicht schlimm. Es schmälert weder den Komfort, noch schafft es Unsicherheit, dass man möglicherweise nicht laden kann. Warum? Weil es beim Stromer fast immer nur um das Nachladen geht.
Das Nachladen von Energie die kurz vorher verfahren wurde. Im Alltag sind die Strecken eher kurz und überschaubar. Und ähnlich wie beim Verbrenner muss man nicht ständig und nach jeder Fahrt tanken oder laden. Das sind unsere Erfahrungen im 9. Jahr der Elektromobilität. Und zusätzlich ist doch auch klar, dass jedes Fahrzeug in der Regel mehr steht, als es fährt, auch zu Hause oder in Unternehmen. Damit ist dann auch genügend Zeit, um aufzuladen.
Panik wegen nichts und das sogar überwiegend von denen die das nicht betrifft, oder die einfach keine Ahnung haben. Auch die Presse erklärt das „Problem“ falsch. Ich bin sehr gelassen, weil ich weiß, dass ich mir trotz möglicher Regulierung keine Sorgen machen muss.