Ladeinfrastruktur: Warum Ladesäulen im Wohngebiet keine Zukunft haben

Elektroauto: Das Aufladen - normal, einfach, nebenbei
Elektroauto: Das Aufladen - normal, einfach, nebenbei

Es gibt sie. Hier und da und dort auch. Öffentliche Ladeinfrastruktur in Wohngebieten. Und immer wieder kommt die Frage auf: Warum gibt es dort so wenige öffentliche Ladesäulen? Die Frage ist leicht beantwortet: Es rechnet sich nicht. Und das hat Gründe. Wäre es anders, gäbe es öffentliche Ladestationen an jeder Ecke. Immer mehr Alternativen zeigen die Zukunft für das Aufladen von Elektrofahrzeugen auf. Keine Panik – das öffentliche Aufladen wird trotzdem gut funktionieren. Zeit für ein wenig Realität und den Blick in die Zukunft…

Zwischen Testszenario und Überzeugung

Viele, die sich mit der künftigen eigenen Mobilität beschäftigen sehen diese auch in der Elektromobilität. Prima. Gleichzeitig stellt sich die berechtigte Frage: Wo lade ich auf? Daher ist die Annahme gross dort zu laden wo man wohnt und bei einem Großteil der Bevölkerung ist es das klassische Wohngebiet mit mehrgeschossigen Wohnungen und dem (Sammel)Parkplatz vor der Tür. Alle derzeitigen Alternativen scheinen zu weit weg, zu unpraktisch und wenig überzeugend.

Fragt man Stadtwerke, Energieversorger und Kommunen dann hat dieses Thema kaum eine Priorität. Es wird experimentiert, hinterfragt und getestet. Mit eher nüchternen Ergebnissen. Eine Zukunft in Wohngebieten sehen nur wenige und die meisten Experimente mit einzelnen Ladestationen vor Ort scheinen die Betreiber zu bestätigen. Und Experimente mit Ladepunkte an Laternen in den Strassen stossen wie erwartet an mehr (technische) Hürden, als gedacht. So geht zum Beispiel der Plan in Berlin nicht auf 1000 Laternenladepunkte zu realisieren. Denn die Berliner Laternenmasten sind zu eng, um die notwendige Technik zu verbauen und die Hürde des Eichrechts kommt noch obendrauf. Bei einer erneuten Ausschreibung hat sich kein Anbieter gefunden, der die geltenden technisch – regulativen Normen und Standards erfüllt.

Im Projekt NOX-Block wollen die Städte Dortmund, Schwerte und Iserlohn zusammen mit den städtischen Versorgern bis zu 400 Ladepunkte in die bestehende Straßenbeleuchtung im öffentlichen Raum integrieren. In Schwerte und Iserlohn sollen jeweils 50 neue reguläre Lademöglichkeiten entstehen. Zielgruppe der Laternen-Ladestationen in Dortmund sind laut den Projektverantwortlichen insbesondere Privatpersonen, die keine Lademöglichkeit auf dem eigenen Grundstück haben oder ihr Auto als „Straßenparker“ im öffentlichen Raum abstellen. Viele solcher Tests laufen und ganz unterschiedlich sind die Erfahrungen der Betreiber und der Nutzer vor Ort.

Förderungen und das „Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz“ helfen nicht wirklich

Zwar gab es zahlreiche lukrative Förderungen, die auch künftig ein wichtiger Gradmesser sein werden, aber die hohen Kosten und die Nutzbarkeit sind hierbei deutlich eingeschränkt. Denn die laufenden Kosten einer öffentlichen Ladestation sind hoch, es rechnet sich kaum für den Betreiber. Ich habe dazu auch schon einmal ein Beitrag geschrieben. Neben dem Netzanschluss, der Hardware, Markierung und Beschilderung fallen Kosten für Backend, Roaming, Transaktionskosten an. Ausserdem müssen mögliche Wartung – unabhängig von der Nutzung dazu gerechnet werden. Das Problem dabei u.a. die Plug in Modelle, die mit kleinem Akku und meist kleiner Ladeleistung eher behindern und zusätzlich kaum drauf geachtet wird, dass nach Beendigung des Ladevorgangs die Ladestation frei zu machen. Was interessieren andere. Und wehe dem es stellt sich einer an „meine Ladestation“ wenn ich dort laden will. Alles erlebt und nicht nur ich – sondern Erfahrungen die auch Betreiber machen. In vielen Fällen, wo solche Stationen aufgebaut wurden, klappt das Miteinander nämlich nicht.

Zwar erheben manche (Roaming) Anbieter sogenannte Blockiergebühren, aber bei der Nutzung im eigenen Backend tun sich die Anbieter schwer nachzuziehen, obwohl die Vorteile auf der Hand liegen. Aber wie ist es bei der Nutzung über Nacht? Ein Beispiel: Man fängt mit dem Ladevorgang um 21 Uhr an zu laden. Dann müsste der Ladevorgang bei Nutzung über EnBW, Maingau – Energie u.a. um 1 Uhr nachts aktiv beendet werden. Nicht wirklich praktisch.

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Gleichzeitig stellt sich aber bei der Betrachtung einer Wirtschaftlichkeit die Frage, ob die Nutzung zu diesem Zweck ausreicht. Und genau das ist das Risiko, wenn man betrachtet, wann und wie eine solche Ladestation genutzt wird. Denn tagsüber wird sich Ladestation an solchen Orten kaum genutzt werden, so die Prognose vieler Anbieter und auch die Frage der Anzahl der Ladepunkte müsste stets nach wirtschaftlichen Erwägungen hinterfragt werden. Zusätzlich gibt es künftig auch die Herausforderungen die im März 2021 in Kraft getretene Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz. Diese soll auch den öffentlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigen. Das Problem gibt es ohnehin bereits heute – zum Beispiel bei Gemeinschaftsparkplätzen oder Tiefgaragenplätzen. Zwar gilt hier, dass es keine pauschale Ablehnung für eine Infrastruktur mehr geben darf, aber von Problemen und ziemlich viel Steinen, die einem in den Weg gelegt werden hört man trotzdem – immer wieder.

Wirtschaftlichkeit wird wichtiger Aspekt

Bei neuen Wohngebäuden mit mehr als fünf Stellplätzen muss etwa jeder Parkplatz mit den nötigen Leitungen ausgestattet werden. Bei Bestandsgebäuden und deren Parkplätzen greift diese Regelung bislang nicht. Zudem wurde in der neuen Ladesäulenverordnung beschlossen, dass das Bezahlen einfacher werden soll. Autofahrer könnten daher ab dem 1. Juli 2023 an jeder neu errichteten Säule per Debit- oder Kreditkarte. Für den „Altbestand“ an Ladeinfrastruktur gilt das auch nicht. Zudem ist selbst eine freiwillige technische Lösung nicht immer möglich oder wirtschaftlich uninteressant. Es wird, so oder so, dauern, bis man mit einem möglichen Zugang z.B. Kreditkarte zahlen kann. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass die neue Form der Ad hoc Freischaltung teurer sein wird, als eine vertragsbasierte Freischaltung z.B. über den Versorger. Unterschiedliche Modelle, mit und ohne Grundgebühr und damit auch unterschiedlicher Preise pro Kilowattstunde Energie werden die Folge sein. Auch bei Roaming wird man abwägen, welchen Zugang man für die Ladesäule nutzt. All das sind Kriterien für die Nutzer.

Das Laden muss nebenbei stattfinden

Immer mehr Supermarktketten, Baumärkte, Freizeiteinrichtungen, Möbelhäuser und Co tragen mit ihrem Angebot dazu bei, die Ladeinfrastruktur zusätzlich zu privaten und öffentlichen Ladepunkten zu erweitern, und werben auf ihren Websites sogar dafür. Außer bei Discountern wie Aldi Süd, Lidl oder Kaufland finden sich auch bei größeren Konzernen an immer mehr Filialen Ladepunkte, etwa bei der Rewe- Gruppe mit ihren Märkten Rewe und Penny. Aber auch Ikea oder Baumärkte wie Hornbach und Hellweg sowie die Fast-Food-Ketten McDonald’s und Burger King sind mit von der Partie. Auch Ladeparks können einen Beitrag dazu leisten unkompliziert aufzuladen.

Mit sehr unterschiedlichen Konzepten wird man künftig während des Aufenthaltes in der Nähe des Wohnorts nachladen. Zum einen betreiben zum Beispiel Kaufland und Lidl eigene Ladesäulen, während andere wie REWE, Hagebau, TOOM und Co Energieversorgern praktisch nur die (Park) Flächen zur Verfügung stellen – sie betreiben dann die kostenpflichtigen Ladesäulen vor Ort. Tesla scheint auch hier wieder eine Sonderrolle einzunehmen, denn die GLOBUS Handelsgruppe wird an Ihren Standorten Tesla Supercharger aufbauen lassen. Tankstellen sind dabei nur interessant, wenn Sie in der Nähe von Wohnungen sind. Es wird sich finden.

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Alternative: Laden beim Arbeitgeber

Eine weitere Alternative ist ausserdem das Laden beim Arbeitgeber. Viele Unternehmen haben Mitarbeiterparkplätze und die Nachfrage nach Lösungen dort ist gross. Hier ist es sogar möglich verschiedene Ladegruppen zu integrieren. Zum Beispiel Mitarbeiter, Dienstwagen, Besucher und mögliche eigene Betriebsfahrzeuge. Auch eine Konzeption für eine teilöffentliche Lösung kann, je nach Standort, möglich sein. Zum Beispiel tagsüber für das Unternehmen und nachts bzw. am Wochenende für Anwohner vor Ort. Der Vorteil ist zusätzlich, dass es, je nach Förderaufruf, zusätzliche Förderungen geben kann. Immer abhängig vom Einzelfall. Eines ist klar, egal wie man es dreht und wendet: Es geht um die Ladesicherheit, aber auch die Abbildung der Realität, denn so wie man nicht täglich tanken muss, muss im Alltag auch nicht täglich geladen werden. Es ist, wenn denn, die Ausnahme.

Ladeinfrastruktur Loesungen von den eMobil Experten 2

Auf die Ladeleistung kommt es an

Unterscheiden muss man aber ganz klar in Punkto Ladeleistung. Während ich z.B. tagsüber und über Stunden am Arbeitsplatz bin, kann der Ladevorgang mit kleiner Ladeleistung statt finden. Das Laden während des Einkaufs im Supermarkt wird wahrscheinlich schneller gehen müssen – angelehnt an den Aufenthalt vor Ort. Während Betreiber zum Beispiel vor allem in städtischen Gebieten und in Autobahnnähe auf Schnellladestationen mit bis zu 150 kW setzen, wird man in . Verschafft man sich einen Überblick, zeigt sich jedoch, dass der Trend bei den meisten zu den höheren Ladeleistungen geht. Die Supermärkte bieten das Laden überwiegend nur während ihrer Öffnungszeiten und mit einer begrenzten Ladedauer an – meist eine Stunde. Wichtig ist auch zu wissen, dass sich der Ladevorgang bei manchen Einzelhändlern nur mit einer speziellen Lade-App starten lässt. Das ist etwa bei Lidl und Kaufland der Fall.

Fazit

Wir werden sehen, wohin die Reise geht. Allerdings glaube ich kaum, dass sich Ladesäulen in Wohngebieten komplett durchsetzen. Zu teuer für den Betreiber, eher unwirtschaftlich betrachtet. Es liegt eben auch an dem „Ich Gefühl“ wonach häufig mit viel Egoismus angeschlossen wird, aber das Freimachen nicht zum Standard gehört. Das wissen auch die Betreiber. Eine Lösung scheint nur eine „Bestrafung“ in Form einer „Blockiergebühr zu sein. . In der Konzeption verschiedener Szenarien muss auch das berücksichtigt werden. Früher oder später muss aber auch die Wirtschaftlichkeit für den Betreiber da sein, denn die Nutzer achten schon sehr auf den Preis am Standort.

Das Laden am Supermarkt, sonstigen öffentlichen Plätzen, am Ladepark oder beim Arbeitgeber sind die wirklichen Herausforderungen und Teil der Zukunft. Praktisch für jeden mit eigener Garage oder einem Stellplatz – hier ist der Alltag und das Laden sichergestellt. Wir brauchen die Realität auf beiden Seiten. Die der Nutzer, aber auch eines Betreibers der das berechtigte Interesse hat, dass eine Invention künftig nicht zu einer Investitionsruine wird.
Es kommt weniger auf die Quantität – eher auf die Qualität der Ladestationen im öffentlichen Raum an!

0 Gedanken zu „Ladeinfrastruktur: Warum Ladesäulen im Wohngebiet keine Zukunft haben“

  1. Wenn sich Ladesäulen beim Arbeitgeber lohnen, an denen sich während der achtstündigen Arbeitszeit laden lässt, warum sollten sich dann nicht auch Ladesäulen in Wohngebieten rechnen, an denen tagsüber die Standzeit auf 4 Stunden begrenzt ist. So ist es in Berlin geregelt, und durch gegenseitige Beaufsichtigung werden diese 4 Stunden erstaunlich gut eingehalten, so meine Erfahrung. Zwischen 18 und 8 Uhr gibt es keine Standzeitbegrenzung, so dass komfortables over night charging möglich ist, welches die Auslastung der Ladepunkte weiter erhöht.

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    • Hallo i Peter

      Es gibt einen Unterschied
      Ein Arbeitgeber hat verschiedene Möglichkeiten: Das Laden for free oder gegen Bezahlung. Beim Arbeitgeber spielen Kosten nicht die grosse Rolle wie bei einem Stadtwerk und je nach Nutzung sind auch die technischen Herusforderungen , z.B. für das Backend nicht zwingend die Gleichen und damit auch bei den Kosten geringer als das klassische öffentliche Laden mit all seinen Anforderungen. Meistens sind die Ladevorgänge auch for free und sehr gut mit Förderungen refinanziert.

      Häufig wird auch missverstanden: Ein Stromer muss immer an die Station und immer voll geladen sein oder werden. Das ist falsch.

      In vielen Unternehmen, auch da wo wir Ladestationen aufbauen geht man locker mit der Sache um, definiert Spielregeln für Mitarbeiter. So wird z.B. morgens von den einen, ab mittags von anderen geladen. Nur selten muss jemand täglich an die Ladestation.Das funktioniert in der Regel gut – auch weil man die Nutzer kennt. Man kann hier recht flexibel agieren. Auch teilöffentliche Lösungen sind, je nach Standort möglich und sogar sinnvoll.

      Bei einer öffentlichen Station ist es bekanntlich anders. Man kann zeitlich begrenzen, aber man kann wenig tun, wenn jemand z.B. die Ladestation als Parkplatz blockiert.

      Es funktioniert hier so, anderswo anders – völlig klar. In der Masse sehe ich keine Chance auf flächendeckende Infrastruktur in Wohngebieten. In vielen Konzepten konnten wir auch nicht schlüssig darlegen, dass sich eine öffentliche Ladestation kostenseitig durchsetzt. In nicht wenigen Fällen wo man testet, Massnahmen korrigiert um optimieren ist der Stand heute: Lohnt nicht.

      Wir werden sehen, was möglich wird. Der Parkplatz am Supermarkt, Schwimmbad, am Baumarkt und Ladepark wird das Gro der öffentlichen Ladevorgänge abdecken, für die, die nicht privat laden können.

      Mit freundl. Gruss von H.M. Depta | Team emobicon

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  2. Hallo Harald,
    „Man kann wenig tun, wenn jemand z.B. die Ladestation als Parkplatz blockiert.“

    In den Wohngebieten in Berlin ist die Ladedauer über die Beschilderung eindeutig auf maximal 4 Stunden tagsüber begrenzt. Wer dort länger steht, riskiert ein Ordnungsgeld.

    Die Erfahrung, die ich persönlich bei mehreren Aufenthalten gemacht habe, zeigt deutlich, dass die Anwohner den Aufschlag durch Ordnungsgelder nicht riskieren, sondern laufend aktiv den Ladeplatz wieder räumen. Mit der passenden App kann man sich informieren lassen über den frei gewordenen Platz und dann das eigene E-Auto für 4 Stunden dort laden lassen. In 4 Stunden sind dann 44 kWh geladen, so dass die meisten Batterien dann auf mindestens 80% aufgeladen sind. Eine Energiemenge, die dann wieder für eine Woche durchschnittlichen Fahrbetrieb ausreichend ist.

    Ich kann deshalb nur nochmals auf das funktionierende „Berliner Modell“ hinweisen, dass durch die Zeitbegrenzung und den Wechsel auch zu einer maximalen Auslastung für den Betreiber führt, die wiederum niedrigere Strompreise ermöglicht.

    Ich möchte nicht auf eine solche Möglichkeit der Ladung in der Nähe der Wohnung verzichten, auch wenn Laden während Einkauf/Arbeit/Freizeit(z.B. Schwimmbad) sicher ebenfalls seine Berechtigung hat, aber von niedrigerer Auslastung (Nachts/Wochenende) betroffen ist, die einen Kostenfaktor darstellt.

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