Ladeinfrastruktur: Kritik an Ladetarifen der Automobilhersteller wächst



Ladeinfrastruktur: Kritik an Ladetarifen der Hersteller wächst

Das öffentliche Aufladen von Elektrofahrzeugen steht regelmässig in der Kritik der Nutzer. Hohe Preise, fehlende Transparenz, sowie komplizierte und aufwendige Handhabung werden moniert – auch die preisliche Darstellung lässt häufig zu wünschen übrig. In einem Test der Ladetarife der Hersteller kritisiert Auto Motor und Sport u.a., dass man keine festen Strompreise garantiert. Dabei ist der Verband der Automobilindustrie immer ganz vorn dabei regelmässig mehr Ladesäulen zu fordern – gleichzeitig akzeptiert der Verband ganz offensichtlich, dass dieser Umstand bleibt und sogar noch komplizierter für den Nutzer wird. Gibt es Alternativen? Je nach Tarif, Streckenprofil und Nutzung öffentlicher Ladeinfrastruktur macht eine genaue Prüfung Sinn. Dabei sollte man vor allem mögliche Grundpreise nicht aus den Augen verlieren. Realistisches Alltagsdenken ist vorteilhaft…

Neben den klassischen Anbietern und Roamingverbünden haben auch Automobilhersteller entdeckt, wie man Kunden an sich binden kann. Ein eigener Verbund an Ladesäulen soll Elektromobilität Attraktivität verleihen. Das Problem dabei sind aber mangelnde Beratung in Autohäusern und das ein Neuling schwer einschätzen kann, wann sich welcher Tarif möglicherweise lohnt. Die Autozeitschrift Auto Motor und Sport hat die Ladetarife von Audi, BMW/MINI, Hyundai, Mercedes, Nissan, Polestar, Porsche, Renault, Stellantis (u. a. Fiat, Opel, Peugeot) und VW unter die Lupe genommen. Getestet wurde dabei die Leistung der Angebote über zwei Nutzerprofile:

Der Wenigfahrer | Das Aufladen findet überwiegend zu Hause statt – zusätzlich nutzt er gelegentlich öffentliche Ladeinfrastruktur für rund 2000 Kilometer (Wechselladestationen und Schnellladeinfrastruktur)
Der Vielfahrer | Dieser wird unterwegs Strom für 5000 Kilometer laden, davon für 3000 Kilometer an Schnellladern von IONITY sowie Strom für je 1000 Kilometer an 22-kW-AC- und 50-kW-DC-Ladern.
Dabei wurde angenommen, dass der Stromverbrauch der fiktiven Elektroautos rund 20 kWh/100 km wurden 20 kWh/100 km angenommen.

Ladeinfrastruktur Lösungen von emobicon

Eingeschränkte Transparenz kann teuer werden

Das Ergebnis: Finden die Ladevorgänge überwiegend öffentlich statt ist eine mögliche Grundgebühr zu vernachlässigen, allerdings könnte es sein, dass hierbei der meist günstigere AC (Wechselstrom bis 22 kW) teurer ist, als das Aufladen an einem HPC Schnelllader. Auch auf Nachfrage gibt es keine Transparenz und Angabe zu den Ladepreisen bei AC Laden. Anders als bei klassischen Anbietern, die transparent angeben wie hoch die Kosten eines AC oder DC Vorganges sind. Beim Test von emobicon bei drei zufällig ausgewählten Automobilhändlern unterschiedlicher Marken konnte man uns keine transparenten Angaben machen. Auch eine Empfehlung zu Ladetarifen und der klassischen durchschnittlichen Nutzung wurde trotz Nachfrage abgelehnt. In zwei von drei Fällen hieß es, dass die Hersteller auch den Händlern gegenüber keine Angaben dazu machen. Man soll eben einfach schnell und an IONITY laden.

Grundgebühren lohnen sich nur für regelmässige Vielfahrer

Dabei sind die Preisunterschiede erheblich: Demnach zahlt der Polestar-Kunde nur 434 Euro für den Strom für 5000 Kilometer, der Hyundai-Fahrer im günstigsten Tarif schon 552 Euro, gefolgt von BMW/Mini (570 Euro), Audi (577 Euro) und Nissan (684 Euro). Und wer dabei sein Ladeverhalten falsch einschätzt und einen dadurch unpassenden Tarif gewählt hat, der zahlt für den Strom bei Audi 709 statt der 577 Euro, bei BMW 678 statt 570 Euro und bei Hyundai 696 statt 552 Euro, so Auto Motor und Sport. Noch intransparenter erscheint es bei Mercedes, Porsche, Renault, Stellantis und Volkswagen. Dort lässt sich eine Endsumme wegen der fehlenden Preisgarantien gar nicht erst ermitteln – „da gleicht Laden einem finanziellen Glücksspiel“ so das Automagazin.

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LadeTarife von “Charge & Fuel” | Quelle: Chargeandfuel.com
keine Angabe möglicher Preise an AC Ladesäulen | ähnliche Angaben finden sich z.B. auch bei Hyundai, AUDI, KIA und Ford

Für Wenigfahrer lohnen sich Tarife mit Grundgebühr und Vertrag kaum

Für Wenigfahrer lohnen sich die Tarife der Automobilhersteller kaum. Hier ist besondere Vorsicht geboten, denn die Preisunterschiede sind laut Test erheblich. Dazu kommt, dass die Grundgebühr stärker ins Gewicht fällt und mit der Einbindung der inklusive – Nutzung von IONITY Schnellladern leicht bei 20 Euro pro Monat liegt. Möglich dennoch ein hoher kWh-Preise von meist 79 Cent pro Kilowattstunde an der Schnellladesäule. Der Wenigfahrer im Test zahlt für den Strom für 2000 Kilometer im besten Tarif bei Hyundai, der auf eine Grundgebühr verzichtet, nur 188 Euro. Aber bei BMW/MINI sind es bei einer Grundgebühr von 5 Euro monatlich 204 Euro Stromkosten im Jahr. Fahrern von Nissan werden 210 Euro berechnet, bei Polestar sind es 224 Euro und bei Audi 235 Euro. Besonders hohe Grundgebühren fallen laut Test bei PORSCHE an. Die Grundgebühr kostet demnach schon 179 Euro im Jahr, also fast so viel wie die Gesamtrechnung bei Hyundai. Bei Porsche kommt der Strompreis aber noch dazu, der aber je nach Ladestation und Anbieter variiert. Ebenso unübersichtlich sei auch beim Wenigfahrer die Preissituation bei Mercedes, Porsche, Renault, Stellantis und VW, berichten die Tester.

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Auf Nebenkosten achten

Wer ein neues Elektrofahrzeug fährt, bekommt die Grundgebühr von vielen Herstellern im ersten Jahr geschenkt, merkt Auto Motor und Sport an. Bei einigen neuen Modellen waren es sogar 2 Jahre Grundgebühr-Befreiung, z.B. für das Sondermodell IONIQ5 von HYUNDAI. Besonders beachten sollte man immer mögliche versteckte Nebenkosten. So berechneten Audi, BMW, Hyundai, Mercedes, Polestar, Renault und Stellantis Blockiergebühren, wenn man nach dem Laden nicht schnell genug die Ladesäule verlässt. Diese Gebühren erheben auch klassische Anbieter von Ladezugängen – meist nach 4 Stunden Ladevorgang oder Tesla an seinen Superchargern – rund 5 Minuten nach Beendigung des Ladevorganges.

Tipps

Wir empfehlen nicht den möglichen geringen Ladepreis als Gradmesser für eine Entscheidung zu nutzen. Denken Sie nicht zu gross, denn für die Grundgebühr pro Monat x 12 = Summe pro Jahr kann man viel und mit klassischen Anbieter Apps aufladen. Derzeit, so hört man, nutzen viele diese günstigen Tarife, statt das Laden zu Hause. Es liegt im Wesentlichen auch daran, da die Preise für Haushalt – oder Autostrom zuletzt deutlich gestiegen waren. Denken Sie dabei aber auch an das Fahrzeugakku, denn ständig schnell nachzuladen erhöht den Verschleiss der Fahrzeugakkus.

Bei den AC Preisen bei Nutzung der Ladekarten eines Automobilherstellers ist besondere Vorsicht geboten. Die Kosten könnten erheblich teurer sein, als von klassischen Anbietern. Da es nur selten eine transparente Angabe der Ladekosten gibt empfiehlt es sich zusätzlich eine klassische Ladekarte. (z.B. Maingau, EnBW, Stadtwerke etc.) Das Laden per Kreditkarte wird erst in den nächsten Jahren relevant sein, allerdings wird auch hier mit jeweils einmaligen Gebühren pro Startvorgang zu rechnen sein.

Neue Fahrer von Elektrofahrzeugen sei geraten zunächst auf solche Ladetarife zu verzichten. Erleben sie zunächst den Alltag mit Ihrem Elektrofahrzeug und dadurch auch das echte Ladeverhalten. Sofern sie zu Hause oder beim Arbeitgeber zuverlässig nachladen können wird ihnen das überwiegend ausreichen. Gelegentliche Ladevorgänge an öffentlichen Ladestationen sollten sie mit klassischen Anbietern testen um einzuschätzen, ob sich eine Grundgebühr für sie lohnt. Dennoch: Laden von Elektrofahrzeugen muss nicht teuer sein, auch wenn die Preise für das Aufladen steigen – je nach Tarif und Anbieter. Das gehört auch zu den klassischen Mythen von den man sich nicht abschrecken lassen sollte.



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