Ladeinfrastruktur: Überarbeitung der Ladesäulenverordnung geplant

Bild: emobicon

Mehr Elektromobilität heisst Regeln zu überdenken und weiter entwickeln. So soll das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Masterplans Ladeinfrastruktur der Bundesregierung die bisherige Ladesäulenverordnung überarbeiten. Man könnte auch sagen: Anpassen und entstauben.

In einem Änderungsentwurf der Ladesäulenverordnung soll ein Betreiber beim Aufbau von Ladesäulen künftig eine standardisierte Schnittstelle bereitstellen müssen, um die Standarddaten wie Lage, Ladeleistung, Belegungsstatus, Preis oder Betriebsbereitschaft zu übermitteln. Ferner sollen den unterschiedlichen Betreibern alle Ladedaten in Echtzeit verfügbar gemacht werden.

Zugleich ist demnach geplant, dass Betreiber bei der Bürokratie im Wesentlichen entlastet werden sollen. Bislang müssen öffentliche Ladepunkte rund 4 Wochen vor Inbetriebnahme gemeldet werden. Die Bundesnetzagentur ist dafür die Meldepflicht um 2 Wochen zu reduzieren. Ferner ist eine Vereinfachung auf EU Ebene vorgesehen. So soll es eine vereinfachte Definition geben, welche Ladepunkte als „öffentlich“ gelten. Werden die Tesla Supercharger dadurch Ihre Sonderstellung verlieren? 

Soll Tesla „entmachtet“ werden?

Dem Entwurf nach soll die öffentliche Zugänglichkeit künftig entscheidend vom Willen des Verfügungsberechtigten abhängen, der über die zugelassene Benutzung entscheidet. Ein sehr umstrittenes Thema, denn der Betreiber könnte demnach ein Schild aufstellen und so den Personenkreis einschränken, wer  die Ladeinfrastruktur nutzen kann. Bisher ist ein Ladepunkt immer öffentlich zugänglich, wenn er sich entweder im öffentlichen Straßenraum oder auf privatem Grund befindet und der zum Ladepunkt gehörende Parkplatz von einem unbestimmten oder nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis tatsächlich befahren werden kann.

Das könnte heissten, dass bestimmte Betreiber bestimmten Fahrzeugen von bestimmten Herstellern nicht genehmigen würden die Fahrzeuge an diesen Stationen oder von diesem Betreiber laden zu lassen. Fatal. Hier war IONITY zuletzt in Ungnade gefallen. Mit überteuerten Ladepreisen von 0,79 € pro Kilowattstunde wollte man offensichtlich erreichen, dass bestimmte Modelle dort nicht laden und das sollte durch überteuerte Preise zum Laden erreicht werden, während Fahrzeuge von Herstellern wie Volkswagen, BMW, Daimler und Co mit kleinen Preisen gelockt werden sollten.

Tesla und seine Supercharger nehmen hier bislang eine Sonderstellung ein, denn weit vor der Ladesäulenverordnung hatte Tesla sein Netz von Superchargern aufgebaut und hatte zudem deutschen Herstellern angeboten sich am nahezu perfekten System von Tesla zu beteiligen. Das lehnten diese ab. Jetzt kann Tesla mit seinem Netz deutlich punkten.

Wer eine oder mehrere öffentliche Ladestationen betreiben will, muss die Richtlinien der Ladesäulenverordnung (LSV) beachten und umsetzen. Die Ladesäulenverordnung legt Verantwortlichkeiten für und Anforderungen an öffentliche Ladeinfrastruktur fest und bezieht sich auf öffentlich zugängliche Schnell- und Normalladepunkte. Dadurch soll der Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigt und Rechtssicherheit geschaffen werden. Wir geben einen kurzen Überblick, was die  LSV beinhaltet.

Die LSV legt die „technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile“ fest. Damit „werden die europäischen Vorgaben des Art. 4 Absatz 9 der Richtlinie 2014/94/EU in deutsches Recht umgesetzt“.

Die LSV soll dazu beitragen, die Klimaschutz- und Energieziele der EU und Deutschlands  zu erreichen und „zu einer deutlichen Senkung der CO2-Emissionen im Verkehr, zur Verbesserung der Luftqualität sowie zur Lärmminderung in städtischen und vorstädtischen Ballungsräumen und anderen dicht besiedelten Gebieten beitragen“. (Quelle: reev)

Typ 2 und CCS ist gesetzt – was ist mit CHADEMO?

Schränkt man die öffentlichen Ladestationen ein, in dem nur bestimmte Fahrzeuge dort laden können, könnte eine neue Hürde entstehen. Aber kann es das Ziel sein, dass jeder sein eigenes System aufbaut, oder will man Ladesysteme wie Tesla zwingen, dass auch markenfremde Fahrzeuge an den Superchargern laden können? Bislang jedenfalls waren eingeschränkt öffentliche Ladepunkte nicht meldepflichtig. Das könnte sich mit der neuen Ladesäulenverordnung ändern. Mit einer Übergangsfrist bis April 2021 will man eingeschränkten öffentlichen Ladepunkten, die bisher nicht meldepflichtig waren mehr Zeit einräumen konforme Stecker einzubauen und dann anzuzeigen. Dabei wird nicht definiert wie es aussehen sollen. Wir erinnern uns: Beim ersten Entwurf zur Ladesäulenverordnung sollte der CHADEMO Standard, also der Ladestecker, den man in asiatischen Fahrzeugen wie Nissan Leaf findet nicht berücksichtigt werden. Erst durch deutliche Ansagen und Protest der Elektroauto Community nahm man halbherzig von dem Vorhaben Abstand.

Heute findet Chademo kaum noch statt, obwohl ein nicht unwesentlicher Anteil von aktuellen Fahrzeugen mit dem Standard unterwegs ist. Diese Stiefmütterlichkeit macht es so manch einem Fahrer mit dem Schnellladestandard CHADEMO schwer noch zuverlässig eine Lademöglichkeit zu finden. CCS, als europäischer Ladestandard ist allerdings gesetzt.

Ein „Lobby“ Entwurf

Der Entwurf, der eine lobbybezogene Note aufweisen könnte wird eine, aus unserer Sicht, kompliziertere Handhabung aufweisen. Die Hoffnung ist, dass dieser Masterplan keine Chance bekommt und erneut überarbeitet wird. Die Wasserstofforganisation des Bundes, die NOW GmbH, kümmerte sich bislang nur halbherzig um das Themenfeld und soll nun diese neuen Massnahmen koordinieren. Geplant ist aktuell der Ausbau der Ladeinfrastruktur, nicht aber die Neuordnung des System Roaming, der offensichtlich immer noch so hingenommen wird wie er sich darstellt. Dabei ist genau das das Kernproblem und mit praktikabler Ladeinfrastruktur fällt die Entscheidung künftig elektromobil unterwegs zu sein oder nicht.

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