Klimaschutz: Die Doppelmoral der Autobauer ist die größte Lüge

Klimaschutz: Die Doppelmoral der Autobauer ist die größte Lüge
Bild: emobicon®

Angst verbreiten und dabei zu lügen – das ist nicht neu in der deutschen Automobilindustrie. Angst ist aber ein falscher Berater und verzerrt die Situation deutlich, wobei das Verschweigen von Tatsachen auch schon eine Lüge ist. Und diese Art der Doppelmoral ist echt zum Kotzen. Denn der Streit über die neue Abgasnorm Euro 7 spitzt sich zu. Jetzt sollen die neuen möglichen Vorgaben schuld sein am Arbeitsplatzverlust in der Automobilindustrie. Dabei war das längst allen Beteiligten vor den strengen Vorgaben für Euro 7 klar und trotzdem behauptete auch der Branchenverband stets: Wir sind nicht zu spät dran mit der Elektromobilität. BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch hat sich mit drastischen Worten geäußert – und vor dem Verlust vieler Arbeitsplätze gewarnt. Zynisch, fragwürdig und vor allem nicht ehrlich. Wir haben  das mal hinterfragt…

Einseitige Kampagne mit offenen Fragen

Wäre ich gemein, würde ich sagen: Der Betriebsrat von BMW ist gegen Klimaschutz – anders als BMW als Automobilhersteller, der zumindest auf dem Papier stets behauptet viel für den Klimaschutz zu tun. Ja, es geht um viel: Moral, Weitsicht, Zukunft, Jobs und eben auch um Klimaschutz. Und all das lässt sich verbinden. Die Keule, die nun rausgeholt wird, ist aber etwas anderes.  Sie ist dumm, fragwürdig, unehrlich und gehört mal wieder zu einer Kampagne. Ziemlich billig, wenn man betrachtet, welche Botschaft BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch damit transportieren möchte. Dabei weiß auch er genau: Die Veränderungen sind längst da – mit und ohne Euro 7 und es ändert nichts.

Und weitere Fragen stellen sich auch: Der Autobauer BMW hat 2020 1,6 Milliarden Euro an Dividenden ausgezahlt – gleichzeitig aber Kurzarbeit eingeführt und sich öffentlich für eine staatliche Kaufprämie stark gemacht. Die Konzernmanager fühlen sich zuallererst ihren Aktionären verpflichtet, und diese fordern Ausschüttungen ein. Die NGO fordert nun, auch wegen der Sachlage bei BMW einen Systemwechsel: „Die EU muss Unternehmen gesetzlich auf das Gemeinwohl verpflichten, um zu verhindern, dass diese weiterhin nur den Interessen der Kapitaleigner dienen.“ Und darüber kein Wort des BMW Betriebsrates.

Kritik an der Milliarden-Ausschüttung und der gleichzeitigen Einforderung von staatlichen Hilfen wurde umgehend laut. Auch Ministerpräsident Söder traf damals die Empörung. „BMW lobbyiert für staatliche Kaufprämien für Autos, die Quandts und Klattens überweisen Parteispenden an Union und die Mehrheit schaut in die Röhre! Wer dies zulässt, trägt Mitverantwortung für Ohnmacht, Spaltung und Wut in Deutschland!“ Und dann diese künstlich initiierte Empörung eines Betriebsrates?

Klima gegen Arbeitsplätze?

Mal wieder wird gepokert und geschachert. So sieht man in den neuen EU-Regelungen für die Abgasnorm 7 ein De-facto-Verbot von Benzin- und Dieselautos ab 2025. Im Forum des Autoclubs Mobil holt er richtig aus. „Wir werden eine Arbeitslosigkeit erleben, wie wir sie noch nie gehabt haben. Wenn die Politiker hier den Hebel umlegen, wird es zappenduster in Deutschland“. Er habe Angst, dass Berlin und Brüssel nur noch das Thema Klima sehen. Die Folgen für Arbeitsplätze, Wohlstand und individuelle Mobilität würden ausgeblendet. »Ich warne die Politik, das Thema Klima eindimensional anzugehen und mit dem Wohlstand in Deutschland zu pokern.« Ist es realistisch betrachtet nicht so, dass Jobs gefährdet werden, wenn man sich der neuen Sache nicht annimmt?

Kein Szenario bei BMW

Dabei weiß auch Schoch, dass ohnehin nichts mehr wird, wie es mal war. Vorbei die Zeit von ewigem Wachstum und vorbei die Zeit mit fragwürdigen Methoden Behauptungen aufzustellen, die nicht funktionieren. Zum Beispiel bei der Plug-In Technologie. Damit haben sie schon zu viel. Fest steht, dass die gesamte Mobilität im Wandel steckt und daran ist Corona nicht schuld. Es beschleunigt und verstärkt den Prozess. Und da auch BMW in der Klemme steckt, in dem sie zwar viel behaupten, aber eher auf Plug-In Hybrid gesetzt haben, droht Ungemach. Einfacher gesagt: Sie sind spät dran mit der Weiterentwicklung von Elektrofahrzeugen. Und das Euro 7 zu einem Baustein der Klimapolitik gehört ist Fakt. Immer mehr Hersteller nennen Endszenarien für Verbrenner, BMW nicht. Kommt das noch? Die großen Modelle leben von viel Motorenleistung, eine Leistung, die nicht mehr mit der Elektromobilität gefragt ist, weil sie nicht mehr mit den Ansprüchen im Klimaschutz einhergeht. Natürlich hat das auch Auswirkungen auf die Zulieferer. Hier hatte aber zuletzt die Bundesregierung nicht zum ersten Mal viele Fördermillionen locker gemacht. 

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Die Doppelmoral des Betriebsrates

»Das würde einen Rums geben, was Arbeitsplätze anbelangt, wie es Deutschland noch nicht gesehen hat«, sagte er. Und warum das so ist, wird auch vom BMW-Betriebsrat verschwiegen. Man will mit allen Mitteln am Alten festhalten, obwohl die Richtung aus der Notwendigkeit längst feststeht. Übrigens ist das auch bei BMW nicht erst seit gestern klar. Fest steht, dass der Verkehrssektor kaum zur Reduzierung der CO2-Vorgaben beiträgt. Bei der Modellpolitik der Bayern ohnehin nicht. Schlimmer noch, denn die Plug-In Modellpolitik und die Behauptung, dass „elektrifizierte Modelle“ sauber seien, stimmt eben nicht. Die EU lässt sich gerade Daten aus dem realen Betrieb liefern. Weg von NEFZ und WLTP, welche bekanntlich nicht die Realität aufzeigen. Es kann bei der Auswertung der Daten nochmal zusätzlich teurer werden, denn die Behauptung, man habe die EU Vorgaben in 2020 eingehalten, kann ohnehin nicht stimmen.

Sie tun zu wenig, aber Änderungen der EU durchsetzen wollen

Schoch behauptet weiter: »Was ich in Brüssel erlebe, ist nur verbieten, verbieten, verbieten«. Könnte man nicht andersherum argumentieren? Ihr könnt nichts anderes als schönreden und drohen? Denn zahlreiche Experten halten eine schärfere neue Abgasnorm für technisch durchaus umsetzbar, auch Messdaten hatten gezeigt, dass niedrigere Stickoxidwerte erreicht werden können. Zuletzt hatte ja auch BMW sich geweigert Nachrüstungen für seine Modelle anzubieten. Dann muss man sich nicht wundern. Aber sagen sollte man eben genau auch das. 

Der VDA ist an sich selbst gescheitert

Vielleicht initiiert, zumindest aber unterstützt natürlich der Verband der Deutschen Automobilindustrie den Protest gegen die EU Politik. BMW ist da ein guter Beteiligter. Mit VW lässt sich das nicht aufrechterhalten, denn deren Richtung ist längst klar. Hier setzt man auf Elektrifizierung. Ein Richtungsstreit hatte ohnehin zuletzt beim VDA dazu geführt, dass man nicht geschlossen auftreten konnte. So lehnt dann auch die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, die EU-Vorschläge als unrealistisch ab. »Ich habe den Eindruck, dass unsere Bedenken von der Bundesregierung geteilt werden«, sagte Müller. Und: »Nicht jeder könne sich sofort ein neues Elektroauto leisten, außerdem fehle die Ladeinfrastruktur.«

Will man weiter täuschen?

Alles beides falsch. Übermotorisierte (Plug in) Modelle sind im laufenden Betrieb deutlich teurer, als das Elektrofahrzeug und verschwiegen wird auch, dass CO2 Preis beim Kraftstoff, höhere Kfz Steuern bei Verbrennern erst der Anfang zahlreicher Maßnahmen sind. Auch dem VDA dürfte bekannt sein, dass man längst dabei ist Städte und Metropolen neu zu denken, Verkehr zu verändern, z.B. mit City Maut und Co, wo Verbrenner sicher einen deutlichen Nachteil erleben werden. Auch ein Tempolimit kommt sicherlich. Und weiter wird auch verschwiegen, dass der Verband Ladeinfrastruktur fordert, aber die mit Millionen Euro Förderung im Verbund mehrerer Hersteller initiierte IONITY Ladeinfrastruktur trotzdem „exklusiv“ für sich haben will und das gesamte Thema auch nicht ganzheitlich sehen will. 

Die ewig gleiche Leier des Weltunterganges

Und weiter betrachtet sieht selbst der erste Automobilclub, dass die Argumentation des BMW-Betriebsrates nicht zielführend sein kann. Schlicht und ergreifend: Es geht Ihnen zu weit. »Wir erleben derzeit eine aufgeheizte Diskussion, die der Sache nicht angemessen ist und dem Ziel schadet«, sagte Karsten Schulze vom ADAC der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«. »Hier reihen sich auch Weltuntergangsszenarien ein, die den Tod des Diesel- und Benzinmotors heraufbeschwören, bevor überhaupt ein konkreter Verordnungsentwurf vorliegt.« Klar ist: Der Interessent interessiert sich zunehmend für die Veränderung. Man ist informierter als früher und man hatte offenbar auch genug Zeit sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Das Verhindern klappt nicht mehr

Aber auch der BMW-Betriebsrat weiß: Es sieht nicht gut aus. Ein entschiedenes Kriterium wollte man ja bereits verhindern, dass die EU die realen Fahrzeugverbrauchsdaten bekommt und genau diese werden, nach Informationen von emobicon, ein wichtiges Kriterium für eine mögliche Entscheidung bilden. Zeit genug hatte auch BMW. Sie hatten einen guten Start, damals mit dem I3. Kaum weiterentwickelt und darauf ausgeruht kommen in Jahren Vollstromer, die auch gekauft werden. Das könnte nun aber etwas spät werden.

Es wäre auch dem BMW-Betriebsrat zu wünschen die gesamte Situation ganzheitlich zu sehen und vor allem auch alle Fakten zu benennen, statt sich die Rosinen herauszupicken, die ihm passt. Denn nur so gibt es ein objektives Bild. Mit Doppelmoral kommt man jedenfalls nicht weiter.

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