Ladeinfrastruktur: EnBW erhöht den Ladepreis – wo ist das Problem?

Ladeinfrastruktur: EnBW erhöht den Ladepreis - wo ist das Problem?

Es kam nicht überraschend und dennoch ist die Aufregung groß. EnBW, als einer der führenden Anbieter von Ladeinfrastruktur erhöht den Preis für das Laden. Die Reaktion sind heftige Diskussionen bis hin zu Boykottaufrufen. Dabei ist wichtig zu verstehen, wie sich ein Preis zusammensetzt. Der Vergleich zum Tanken hinkt, denn kein Anbieter kann Ladestrom auf Dauer subventionieren. Die Schuld trägt eher die Politik, die mit einer Doppelsubvention auf Diesel und Elektromobilität unverständlich bleibt. Bisschen mehr Realität bitte, denn das dicke Ende kommt erst – für alle…

Auch Ladestrom ist ein Geschäft

Ab dem 6. Juli 2021 erhöht der Energieversorger EnBW die Preise für den verkauften und vermittelten Fahrstrom an öffentlich zugänglichen Ladesäulen. Damit endet wie befürchtet die Subventionierung des Fahrstroms zugunsten von Preisen, bei denen unterm Strich vermutlich mindestens eine schwarze Null steht. Die einstmals bestehende Einfachheit des Tarifs (ein Preis AC, einer DC, fertig) ist bereits seit dem Sonderweg mit IONITY endgültig verschwunden. Der Anbieter argumentiert, dass seine Preise immer noch marktgerecht seien. In der Tat. Andere rufen höhere Kosten aus, einige wenige sind etwas darunter. Vor dem Ende der kostenfreien Ladestationen, z.B. bei Supermärkten wird klar: Laden wird zum Geschäftsmodell. Warum es offensichtlich so viele überrascht wundert mich aber dann doch.

Aufbau von Ladeinfrastruktur kostet sehr viel Geld

Die Annahme bei vielen Nutzern ist immer noch da, dass Strom, wie wir diesen von zu Hause kennen genau zum selben oder sehr ähnlichem Preis auch für Ladesäulen gelten muss. Ein Trugschluss. Denn Ladeinfrastruktur, selbst hoch subventioniert durch zahlreiche Förderungen kostet immer noch ziemlich viel Geld im Aufbau und im laufenden Betrieb. Die wenigen Cent an der Strombörse pro Kilowattstunde Strom müssen noch versteuert werden und der Netzanschluss pro Ladesäule kostet sehr viel. Mit den HPC, also Schnellladern kommt ein weiteres Problem dazu: Die Netzbereitstellung für sofort verfügbare Ladeleistung. Je höher die Ladeleistung, je höher der Preis. Und diese Kosten müssen irgendwann verdient werden. Ein normaler Prozess.

Wir kennen das gut. Einer unserer Dienstleistungen ist das Konzept und der Aufbau funktionaler Ladeinfrastruktur. Und wir erleben welcher Aufwand dahinter steckt – trotz Förderungen, die ein Kern unserer Arbeit ist. Eine DC Station, plus Netzanschluss, Baumaßnahmen und alles was dazu gehört kann mal eben 300.000 Euro und mehr kosten. 60 – 80 Prozent mit einer Maximalsumme gefördert ist großartig, aber trotzdem bleibt noch eine Menge an Kosten übrig. Bei Cent Beträgen pro Kilowattstunde Ladestrom reicht selbst ein Dauerbetrieb nicht aus wirtschaftlich zu sein.

Die Kostenstruktur muss verstanden werden

Mit wenigen Cent pro Kilowattstunde Strom, als möglichen Gewinn, lässt sich Ladestrom nicht annähernd kostendeckend betreiben. Auch wenn mal schnell bis zu 100 Kilowattstunden pro Ladevorgang verkaufen lässt bleibt nicht viel übrig. Denn die Kostenstruktur ist heftig.

Die Energie soll möglichst aus erneuerbarer Energie sein. Das Eichrecht sichert dem Nutzer zu, dass die Lademenge auch dem rechtlichen Rahmen entspricht. Dazu die Rechnung und Abrechnung über ein Backend, Transaktionskosten im System, z.B. durch Provisionen an Zahlungsdienstleister. Möglicherweise eine Service Hotline, Ad Hoc Laden, also die Möglichkeit des spontanen Ladens, wie vorgeschrieben, regelmäßige Wartung der Station, Kosten für den Platz, meistens aus Vereinbarungen z.B. Autohöfen, Rastplätzen und sonstigen Nebenkosten lassen den Preis schnell steigen. Und selbst bei Förderungen mit bis zu 80 Prozent für Netzanschluss, Genehmigungen, Hardware, Software und Co bleiben 20 Prozent und damit eine 4- bis 5-stellige Summe übrig, die refinanziert sein will. Das darf man in der Realität nicht vergessen.

Steuern und Abgaben gelten auch für Ladestrom

51,4 % staatlich veranlasste Steuern, Abgaben und Umlagen, 24,5 % Nutzung der Stromnetze, die der Netzbetreiber bekommt, 24,1 % Stromerzeugung und Vertrieb, die der Stromanbieter erhält sind dabei einige Beispiele. Und nun rechnen Sie mal zusammen was übrigbleiben könnte, wenn man die weiteren Kosten mit Ladeinfrastruktur in Beschaffung und laufenden Betrieb rechnet. Es ist doch völlig legitim und logisch, dass JEDER Anbieter auch Geld verdienen kann, darf und sogar muss. Es ist nicht die Aufgabe von Anbietern Elektromobilität auf Dauer zu subventionieren.

Politik gefordert

Die Frage ist: Wie soll es denn sein oder werden? In der Tat ist Ladestrom teuer, zumindest dann, wenn man den „falschen Anbieter“ nutzt. Pauschale Auskünfte darüber, wer der „beste Anbieter“ ist kann man nicht geben, denn jeder hat ein unterschiedliches Fahrprofil und damit auch einen unterschiedlichen Bedarf öffentlich zu laden. Trotzdem braucht man heute keine Kollektion unterschiedlicher Ladekarten. Es ist anstrengend und nicht nötig.

Es hilft auch nicht auf die kostenfreien Stationen umzuschwenken. Die sind in vielen Fällen sowieso oft belegt, das Laden wird ausgenutzt oder sogar Blockierer verhindern Ladevorgänge für die, die sie nutzen könnten. Kaufland und Lidl haben nun auch die ersten Tarife bekannt gegeben, die voraussichtlich ab Juni gelten werden. Demnach kostet das Laden bis zu 49 ct. pro Kilowattstunde an Schnellladestationen, bis zu 35 ct. pro Kilowattstunde an Normalladern. Demnächst dazu bei uns mehr.

Wird die EEG-Umlage für das Laden, immerhin knapp 7 Cent pro Kilowattstunde abgeschafft, oder wenigstens gekürzt? Denkbar. Warum man das nicht längst getan hat, liegt wohl am Wahlkampf, der derzeit tobt. Hier es scheinbar wichtiger sich gegenseitig anzulügen und Unterstellungen zu verbreiten.

Die Unterstellung, dass Diesel zu fahren günstiger sei als mit einem Stromer ist pauschal gesagt auch falsch. Es kommt eher darauf an, wo man wie lädt und wie das Streckenprofil eines Einzelnen ist. Erschreckender ist die Erkenntnis, dass so viele so groß denken und sich pauschal immer für das schrecklichste Szenario entscheiden, statt realistisch zu denken. E-Mobilität ist künftig ein Baustein und die Annahme das eine Mobilität immer günstiger sein muss als die andere ist falsch. Auf uns alle kommt eine Menge zu – schnell und hoffentlich kompromisslos. Das bedeutet Veränderungen für alle, egal mit welchem Antrieb man unterwegs ist. Allerdings wird es Verbrenner deutlich härter treffen…

0 Gedanken zu „Ladeinfrastruktur: EnBW erhöht den Ladepreis – wo ist das Problem?“

  1. Lass Benzin und Diesel außen vor. Es geht um Strompreise. Vergleiche zwischen Diesel/Benzin und Autostrom sind nur eine Ablenkung. Die Herstellung von Strom ist nicht plötzlich teuerer wenn es in Autoakkus gespeichert wird.

    Die Preise bei EnBW sind zu hoch!

    Der durchschnittliche Strompreis in Europa lag Ende 2020 bei 21,3 Cent je Kilowattstunde.

    Die höchsten Strompreise für private Haushalte in Europa? Deutschland! 30 Cent pro kWh!

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    • Hallo Herr Kofler,

      Die Kosten für das Laden ist nicht der Strompreis, sondern deutlich mehr. Ihr Kommentar ist mal Anlass dazu aufzuzeigen, warum der Ladepreis so hoch ist und noch lnge nicht kostendeckend ist. HIER können Sie das gern einmal nachlesen.

      Mit freundlichem Gruss Harald M. Depta | emobicon

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