Bild: emobicon®
Man nennt es „Spitzenglättung“ oder „Netzoptimierung“. Eine Notwendigkeit, wenn immer mehr Elektrofahrzeuge immer mehr Ladestationen benötigen und diese das Stromnetz belasten können. Ähnlich wie die Lastkurve im Alltag geht es darum, Ladevorgänge steuern zu können und sich der Netzbelastung anzupassen. Stromnetzbetreiber, Verbraucherschützer, Berater und Politik sind sich sicher, dass Elektromobilität und Wärmepumpen verstärkt in den Markt kommen sollen. Wie dabei aber eine Überlastung der bis an die Kunden heranreichenden Verteilnetze in Zeiten hoher paralleler Nachfrage vermieden werden soll, ist heftig umstritten. Jetzt gibt es Aussagen, dass es möglicherweise zum Abschalten von Ladestationen kommen könnte. Aber ist das nötig und sinnvoll? Fest steht: Wir brauchen eine Optimierung der neuen Verbraucher im Netz und schlussendlich geht es um die Versorgungssicherheit insgesamt. Was ist möglich?
Laden, wenn es günstig ist
Die Frage ist also: Wir organisiere ich Versorgungssicherheit auf der einen Seite und das Laden von Elektrofahrzeugen auf der anderen Seite? Intelligente Ladelösungen werden Pflicht. Das soll ermöglichen, dass Ladeleistungen reduziert werden, nämlich dann, wenn Lastspitzen das Netz zu sehr belasten, oder nicht genug Energie vorhanden ist. Stromversorger drängen hier auf die sogenannte Spitzenglättung. Sie sieht vor, dass etwa Elektroautos oder Speicheranlagen im Heim vor allem in den frühen Abendstunden weniger Strom aus dem Netz beziehen können oder aber für einen unbeschränkten Verbrauch zumindest hohe Entgelte fällig sind. Dabei soll auch die Option bestehen, etwa das Laden eines E-Fahrzeugs, um anderthalb bis zwei Stunden unterbrechen zu können.
Versorgungssicherheit muss gewahrt bleiben
Längst stehen wir mitten in den Veränderungen im Energiemarkt und das Laden von Elektrofahrzeugen ist Risiko, aber auch Chance zu gleich. Die Integration von intelligenten und damit flexiblen Lösungen am Markt ist nicht nur wichtig, sondern notwendig. Schon immer war es so, dass Ladeinfrastruktur beim Netzbetreiber gemeldet werden musste – eine Anmeldepflicht war ab 12 kWh nötig. Private Ladeinfrastruktur mit 22 kWh Ladeleistung wurde zuletzt kaum noch bewilligt oder ging bereits mit Vorgaben der Netzbetreiber einher. So wurde bei dieser Konstellation der Ladevorgang nur nach vorgegebenen Ladezeiten möglich. Die Vorgaben kamen vom Netzbetreiber. Jetzt geht es darum die Ladeinfrastruktur – insbesondere im Privatbereich zu koordinieren und zu steuern, und zwar so, dass die Versorgungssicherheit insgesamt gewahrt bleibt. Die Branche braucht daher ein Instrument, um die Versorgung optimieren zu können. Dafür muss die Spitzenglättung gesetzlich festgeschrieben werden, so die Forderung der Energieversorger. Solch eine Regelung ist nötig, um das Laden von Elektrofahrzeugen nicht reglementieren zu müssen. Fest steht: Der Netzausbau muss schneller stattfinden, um Sicherheit gewährleisten zu können.
Netzbetreiber unter Druck
Erst war es eine Nische, aber seit dem Konjunkturpaket ist die Nachfrage schneller gekommen, als vermutet. Vielfach erleben wir bereits, dass Netzbetreiber an Ihre Grenzen stoßen, oder lange Wartezeiten bis zur Genehmigung erfolgen. In Metropolen erleben wir als Unternehmen immer häufiger, dass gar keine Netzkapazität mehr vorhanden ist, um Ladeinfrastruktur zu ermöglichen. Der Ausbau hängt hier deutlich zurück. Betreiber wissen: Es gibt großen Handlungsbedarf. Dabei ist klar, dass bei wenigen Fahrzeugen pro Straße kaum Schwierigkeiten aufkommen, aber bei einem ganzen Wohngebiet kann ein Netzbetreiber schnell an seine Grenzen kommen. Hier müsse Verlässlichkeit „auch für Netzbetreiber gelten“.
Bei Kunden mit einer „flexiblen Verbrauchseinrichtung“ und einem Energiemanagementsystem erhält der Netzbetreiber aber das Recht, in Engpässen den Verbrauch zu begrenzen. Das sei eine planbare Option und spart Netzkosten. Der Vorteil ist, dass man mit derselben Netzleistung bis zu viermal so viele Verbrauchseinrichtungen ins Netz integrieren kann, als bisher.
Dafür benötigt man ein intelligentes Messsystem. Sogenannte digitale Stromzähler und Smart Meter fungieren dabei als sichere Datendrehscheibe und für Interoperabilität. Das Ganze ist aber nur ein erster Schritt. Die nötige Rechtsbasis muss jetzt folgen.
Tempolimit für den Stromverkehr
Nur keine Panik, denn den klassischen Verbraucher wird es nicht treffen. So wie es jetzt ist, könnte das schnell umgesetzt werden und Nachteile gibt es nicht – dafür den Vorteil der Versorgungssicherheit. Die Glättung wie es heißt, verschiebt sozusagen einen Ladevorgang. Für öffentliche Stationen wird das nicht zum Tragen kommen, ebenso auch nicht an den Schnellladestationen. Schlussendlich hat es Vorteile, denn Mehrkosten können dadurch vermieden werden, wenn ein Betreiber ins Netz eingreift. Erstmal ist es ungewohnt und erstmal verunsichert die Situation insbesondere Fahrer von Elektrofahrzeugen. Nach einer Zeit ist man entspannt, wetten?
Lesen Sie auch
Elektromobilität: Rekordwachstum in NRW dank Landesförderung
Ladeinfrastruktur: Wird das kostenfreie Laden am Supermarkt beendet?
Ladeinfrastruktur: Blockiergebühren auch an Ladestationen bei innogy?
Fokus „Versorgungssicherheit“?
Ladesäulenverordnung, Eichrecht, Elektromobilitätsgesetz. Die Ordnung ruft und das Energiewirtschaftsgesetz soll dieses System vereinfachen, verankern und Vertrauen schaffen. Aber die Zeit drängt. So sieht es auch die Bundesnetzagentur. Verteilernetze hätten bisher keine Steuerungsmöglichkeiten und genau das soll jetzt geändert werden. Die Neuordnung, quasi ein Sortieren der Prioritäten, soll die Sicherheit bringen. Aber wie kann das gelingen?
Betreiber und das Bundeswirtschaftsministerium wollen Anreize schaffen. Das gelingt am besten mit einem Tarifsystem, welche die Steuerung optimiert, die Kosten dabei minimiert. Die vorgesehenen „erheblichen Einschränkungen der Lademöglichkeiten von fast bis zu zehn Prozent der Zeit können ein Hemmnis für den Ausbau der Elektromobilität sein“ meint die eine Seite – die andere Seite sieht aber das Thema „Versorgungssicherheit“.
Sind zeitvariable Tarife besser?
Mit sogenannten zeitvariablen Tarifen will man steuern können. Günstig laden, wenn das Netz entlastet und viel Strom verfügbar ist – teuer machen, wenn Strom knapp und die Netze belastet sind. Andere Länder wie Norwegen und Kalifornien nutzten dieses Werkzeug schon, um Verbraucherverhalten über den Strompreis zu beeinflussen. Und in der Tat wäre die tarifliche Variabilität die bessere Alternative – meint auch emobicon®.
Werden zeitabhängige Netzentgelte der Regelfall? Sie böten viel größere Wahlmöglichkeiten, könnten regional angeboten werden und erforderten weniger Netzausbau, so die Verbraucherzentralen in einer Stellungnahme. Mit zusätzlichen Verbrauchs-, Speicher- und Steuergeräten könnten die Netze generell besser ausgelastet werden, was nicht nur zu weniger Engpässen, sondern auch zu einer Kostensenkung für die Verbraucher führen müsste.