Mobilität: Verkehrswende ist nicht allein das Elektroauto

Mobilität: Verkehrswende ist nicht allein das Elektroauto

Ist die eigene Bequemlichkeit ein Grundrecht aus Gewohnheit? Nein. Aber beim Auto hat man sich dran gewöhnt und redet sich das genau so schön wie es einem passt. Dabei kommt Bewegung in die Mobilität, die in einer Mobilitäts – und Verkehrswende münden wird. Dabei braucht es nur wenige Maßnahmen, denn die Umgestaltung wird die Mobilität ändern. Die Ideen sind längst da – die ersten Maßnahmen werden getestet und das wird für uns alle: Anders, für Bewohner besser und wir werden in den überfüllten Metropolen mehr Platz haben. Die Zeit geht zu Ende für einen Ort, in dem alles für das Auto getan wurde und alles andere sich unterordnen muss. Neu denken und handeln heißt nicht automatisch verzichten.

Das Problem mit dem Auto

Das Auto. Quasi Familienmitglied für viele und am besten ein Parkplatz vor der Tür. Es steht mehr rum, als es bewegt wird und wenn es noch fossil angetrieben wird, ist es nichts anderes als eine rollende Ölheizung. Bequemlichkeit lässt man sich kosten und jede noch so kleine Regung in Richtung Veränderung wird mit oft hohlen Argumenten beantwortet – ein bisschen Doppelmoral ist sicher auch dabei. Obwohl jeder weiß, dass sich vieles ändern muss meint die Mehrheit immer noch: Ja, ich bin für Änderungen, nicht aber bei mir. Sorry, aber der Zahn dürfte gezogen sein, denn nicht nur der Klimawandel hat aufgezeigt das Änderungen notwendig sind.

Viele Metropolen platzen aus allen Nähten – jeden Morgen und Abend erleben Millionen Autofahrer den Stau, den sie mit verursacht haben und dann? Steht ein Auto rum – stunden oder tagelang. Es nimmt viel wertvollen Platz weg – Platz, der immer knapper wird. Alternativen sollen sich unterordnen. Ob Radfahrer oder Fußgänger, ob Nahverkehr noch Kinder, die spielen möchten. Das Auto, was immer verfügbar sein soll oder muss und jede Möglichkeit der Alternativen für viele nicht existieren. Ja, optimal ist was anderes, aber entwickeln dürfen sich Veränderungen, oder?

Gefühlt starben die Dörfer aus. Keine Kneipe mehr, Post und Bank geschlossen und kein Lebensmittelgeschäft ist in der Nähe. Die Rückkehr der Menschen kommt aber – aus verschiedenen Gründen. Mehr Platz, einen Garten, Kinder, die spielen können und auch der Dorfladen entsteht in vielen kleinen Kommunen wieder. Dazu kommen Homeoffice, welches möglich wird und die Natur spielt bei vielen immer mehr eine Rolle. Das Auto, wichtig im ländlichen, aber nicht mehr zwingend für jeden um ständig in eine Metropole zu müssen. Die Prioritäten ändern sich. Immer mehr europäischen Städte planen um, ändern sich und den Anspruch an den Verkehr. Die Umkehr ist im Gange – der Mensch steht im Mittelpunkt – der Rest wird verändert. Sie schränken Verkehr ein durch Tempolimit, Fahreinschränkungen und Beschränkungen beim Parken, bauen Verkehr um – mehr Platz fürs Wohnen, Radverkehr und Fuß Verkehr. Städte werden auch grüner. Da wo Parkplätze waren, wird Erholungsfläche geschaffen.

Fest steht: Zu viele Autos, die zu viel Platz nehmen, wertvollen und teuren Platz. Und die Geländewagen – völlig unnütz für die Stadt werden dabei immer breiter, länger und in der Motorisierung alles andere als Stadtwagen. Absurd. Und der Anspruch des Besitztums ist, dass die Allgemeinheit eine untergeordnete Rolle einnehmen soll. Es wurde bislang auch bequem gemacht. Dabei wird die Infrastruktur anders und das wird auch den Verkehr verändern und damit uns alle. Fest steht: Das Auto ist angeblich zu günstig – Alternativen zu teuer – das ändert sich massiv.

Mobilität ist nicht nur das Auto

Beispielsweise testen Köln und Düsseldorf autofreie Quartiere. Auch andere Regionen sind da schon weit. Man muss draußen parken. Rein darf noch der Bus. Die nächste Bahnhaltestelle ist um die Ecke. Geschäfte des täglichen Bedarfs sind in der Nähe und die damit verbundene verkehrsberuhigte Zone ist Spielplatz, Fußgänger Bereich und Fahrradstraße. Es gibt saubere Luft, keine Fahrzeuge den Platz wegnehmen und man schafft damit Lebensqualität. Der Parkraum am Rande des Viertels ist Mobilitätszentrum. Nicht nur Abstellplatz für Autos, sondern Ladestation für Stromer, Parkhaus für Fahrräder und Anbindung an verschiedene Verkehrsträger gibt es dort auch. Denn Mobilität ist nicht nur eine Frage der Fortbewegung, sondern es geht primär um das Verbinden von Systemen, vom nahtlosen Übergang von einem Verkehrsmittel aufs nächste – also von wirklich intelligenten Verkehrssystemen. So weiß man heute, dass die Bewohner dort viel weniger Auto fahren.

Die Idee ist ganz einfach: Wie organisiere ich Mobilität, um nicht nur auf das eigene Auto angewiesen zu sein? Das heißt nicht automatisch, dass Menschen, die beispielsweise um vier Uhr morgens aus dem Umland zum Schichtbeginn in die Stadt müssen, nicht mit dem Auto fahren sollen. Es ist wie in der Kreislaufwirtschaft: Nur, wenn die jeweils beste Lösung ausgeschöpft ist (Weiterverwenden, Wiederverwenden etc.), kommt die nächstbeste zum Einsatz (z. B. Recycling). Man fängt klein an, statt zu groß und damit mit dem Auto zu denken und zu planen. Zu Fuß, dann das Rad, dann der ÖPNV, evtl. Carsharing, Mitfahrgelegenheiten usw. In der immer mehr vernetzten Welt ist das einfach und wird lukrativer. Das Auto wird eher die letzte Wahl sein – sicherlich in Zukunft auch die teuerste Lösung und was teuer ist wird hinterfragt und für viele ist es damit die schlechtere Wahl.

Klar, die Diskussion ums Auto ist emotional und weil es das ist, reagieren viele gereizt. Sie sehen nur den Status von heute – nicht aber die möglichen Änderungen – seien sie noch so gut. Und natürlich geht es bei den meisten nicht. Alte fossile Denkweise hemmt, blendet die Realität aus und gefühlt sehen das viele auch als Freiheitsentzug. Der Anspruch ist hoch. Aber nur der Eigene. Die anderen sollen den eigenen Anspruch mittragen müssen. Veränderungen heißt nicht verbieten, aber Veränderungen müssen gestaltet werden. Wer unbedingt will oder muss, soll Auto fahren. Das kostet dann aber entsprechend. Weil man mehr CO2 verbraucht als andere, weil man Infrastruktur mehr nutzt als andere, weil man mehr individuelle Fläche nutzt als andere. So lenkt man entsprechend. Die Politik, die Planer haben die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Städte weniger autofreundlich werden. Sie muss autounfreundlich werden. Darum führt nichts herum. Es braucht Mut und Haltung nicht einzuknicken, wenn Einzelne meinen sich dagegen zu wehren und ein Recht abzuleiten, was einfach keines ist.

Mobilität wird eine Dienstleistung. Ein Service den man in Anspruch nimmt. Autohersteller testen längst eine Konzepte, denn dort wo es bereits Änderungen gibt ist der Vertrieb von Autos schon längst deutlich geringer geworden. Die, die bisher immer nur Wachstum in mehr Autos, mehr Modellen und mehr einseitige Mobilität sehen, werden es künftig deutlich schwerer haben. Sie gefährden sich selbst. Es braucht Mobilitätslösungen von vielen beteiligten Akteuren. Ein guter Dienst und damit eine gute Dienstleistung ist das Geschäft von morgen – denn klar ist: Wir werden nicht weniger mobil sein, aber eben anders.

Zu groß und zu einseitig gedacht

Städtische Fläche ist teuer. So teuer, dass Wohnraum dort fast unerschwinglich wird. Ich kenne niemanden der die Fläche eines Autos berechnet. Was kostet der Platz, der Unterhalt eines Fahrzeuges? Rund 150 Milliarden Euro kostet Fläche für den Verkehr jedes Jahr. Wenige hundert Millionen bringt es ein – zum Beispiel durch Parkgebühren. Dazu kommen Vorgaben für Parkplätze, die geschaffen werden müssen. Zum Beispiel für eine Tiefgarage. Bis zu 70.000 € kostet ein Tiefgaragenplatz im Bau. Für ein Auto. Das es dort in Bereitschaft steht für eine Bequemlichkeit, die man sich künftig leisten wird, müssen. Die Kosten rechnet aber kaum einer dazu, wenn man mal betrachtet, was individuelle Mobilität kostet. Auch der Gedanke, dass man den Besuch im Supermarkt, beim Bäcker, zur Post auch zu Fuß oder mit dem Rad machen könnte – wenige haben das auf dem Schirm. Ist es praktisch so zu denken? Wir erleben selbst wie groß, meistens zu groß gedacht wird, wenn EIN Fahrzeug angeschafft oder ersetzt werden soll. Es muss alles abdecken – egal wieviel man tatsächlich fährt. Fast immer ist ein Auto viel zu üppig dimensioniert. Weil man nur an den jährlichen Urlaub denkt. Für 2 Wochen im Jahr muss man 50 Wochen im Jahr unnötig Ballast rumfahren, höhere Kosten in Anspruch nehmen? Warum sind Alternativen nicht im Gedanken? Ich teile mir das Fahrzeug für den Urlaub. Mit Kollegen, dem Nachbarn, der befreundeten Familie. Oder ich leihe mir dann ein (größeres) Fahrzeug, wenn ich es tatsächlich brauche und für die Zeit wie man es wirklich benötigt. Allein diese Kostenersparnis ist enorm. Aber das Prestige ist scheinbar so wertvoll. Noch.

Gefühlt und in der Realität: Noch zu wenig Alternativen

Ich selbst habe vor der Pandemie mal eine Fahrgemeinschaft getestet. Mein Weg führte mich beruflich nach Berlin. Bei mir meldeten sich 3 Mitfahrer. Sie zahlten einen Anteil. Für sie war es praktisch, bequem und günstig. Für mich war es kein Umstand und brachte mit bisschen Geld – also eine Kostenteilung. In der Pandemie fühle ich mich damit nicht so wohl – kommt aber sicher wieder. Und eine berechtigte Frage bleibt: Warum nahm ich keine Alternative in Anspruch? Stimmt: Ein bisschen Bequemlichkeit, aber viel ernüchternder war, dass es so früh am Morgen, keine Bahnverbindung gab. Das ärgert mich sogar, denn ich hätte im Zug schlafen oder arbeiten können, relaxen oder lesen. Wir sehen es doch alle: Die meisten sind allein in Ihren Autos unterwegs. Ob Kleinwagen oder den unnützen Geländewagen. Das wird sich ändern müssen. Maßnahmen werden das beschleunigen – wetten?

Am Mobilitätsmix führt kein Weg vorbei

Auch in Unternehmen denkt man immer mehr alternativ. Mobilität ist nicht automatisch ein Auto. Der Dienstwagen – heute noch der steuerlich gut bevorzugt, weicht nach und nach einem individuellen Mobilitätsbudget. Poolfahrzeuge, Bahncard, Leasing Rad. Der passende Mobilitätsmix für Job und Freizeit. Dabei hat man die Wahl und ist frei in der Entscheidung.  Da heißt auch automatisch: Möchte man ein Auto nehmen – dann kann man es tun. Und wir sehen doch heute schon: Der CO2 Preis beim Tanken, der immer weiter steigen wird, hat vor allem eines: Eine lenkende Funktion. Sind die Alternativen besser und günstiger werden diese immer mehr in Anspruch genommen. Es ist fast so wie der Vergleich Benziner und Elektroauto. Schaut man sich die echten Gesamtkosten an, ist der Stromer heute schon meistens günstiger im Betrieb. Oder das Fahrrad. In der Pandemie wurde es salonfähig – ein Boom, dem man Rechnung trägt. So wird viel Geld in die Hand genommen, um Radwege auszubauen. Zum Nachteil des Autos. Und warum sollte man das nicht fördern, wenn dadurch ein Verkehr entsteht der nachhaltig, leise und zukunftsweisend ist? Was in Kopenhagen funktioniert, funktioniert auch bei uns, wetten? Klar ist längst: Maut, Tempolimit kommt, City Maut in Städten wird längst diskutiert, erste Tests laufen, z.B. Bielefeld, die den Autoverkehr aus der Altstadt verbannt hat. Es funktioniert. Der Mix macht es.

Und was ist mit Elektroautos? Sie werden Teil der Mobilitäts – und Energiewende. Zum einen sind sie leise und sauberer – zum anderen brauchen wir diese Modelle in dem sie aufgeladen werden, wenn viel erneuerbare Energie da ist. Eine praktische Ergänzung. Und jeder der behauptet, dass es nicht funktioniert, der liegt falsch. Da reichen auch die Fakten, die wir heute schon kennen.

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