Bild: emobicon®
Ist die Mogelpackung Hybrid / Plug in Hybrid endlich auch bei der Politik angekommen? Zumindest wissen wir aus internen Gesprächen mit der Politik, dass dieses Thema bereits viel grösser diskutiert wird als allgemein angenommen.
Der Deutschen Presseagentur gab Berlins Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther nun ein Interview. Sie bezieht deutlich Stellung und offen wie selten kritisiert sie die deutschen Hersteller, deren Elektromobilität überwiegend aus Hybrid Modellen besteht.
„Ich rate aber auch vom Kauf der sogenannten Hybridfahrzeuge ab. Die elektrische Reichweite ist vielfach sehr gering, oft nur 20 bis 40 Kilometer – und die restliche Zeit fährt man dann ganz klimaschädlich mit fossiler Verbrennungstechnik.“
Infrastruktur muss der Entwicklung gerecht werden
Sie rechnet mit einem baldigen Durchbruch für Elektroautos in der Hauptstadt wie in Deutschland insgesamt. „Wir befinden uns am Anfang einer exponentiellen Wachstumsphase“, sagte die Grünen-Politikerin. Sie sehe den Durchbruch „schon sehr deutlich kommen“.
„Der Anteil von E-Autos steigt aktuell sehr stark“, sagte Günther. Für die Hauptstadt heißt das, dass im Jahr 2017 nur knapp 0,8 Prozent der neu zugelassenen Pkw einen rein elektrischen Antrieb hatten, in 2018 waren es 1,4 Prozent, 2019 bereits drei Prozent, und 2020 werden wohl mindestens sechs Prozent erreicht.
Sorgen machen Ihr aber Faktoren, die die Entwicklung noch ausbremsen können. So kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur zu langsam voran. Dabei ist aber festzustellen, dass Berlin beim Verhältnis Ladesäule je E-Auto momentan noch gut dasteht. Klar ist aber, dass es zu wenig Ladesäulen gibt, wenn die Zahl der Elektroautos weiter sprunghaft zunimmt. Man dürfe sich hier nichts vormachen. Für sie sei ganz wichtig die Infrastruktur zu schaffen, die eine deutliche Beschleunigung ermögliche.
Das Fahrzeugangebot stimmt nicht
Zwar gebe es in Berlin inzwischen fast 1400 öffentliche und für alle zugängliche Ladepunkte, das reiche aber nicht aus. „Berlin ist damit derzeit im Vergleich zu allen anderen deutschen Städten führend.“ Bis 2022 kämen noch rund 1000 Laternenladepunkte hinzu, so die Senatorin.
Neben der sichtbaren Veränderung und Entwicklung sieht die Verkehrssenatorin aber weitere Bremsfaktoren: Dazu gehört u.a. das weiter überschaubare Fahrzeugangebot. Sie meint: „Es gibt noch immer zu wenige elektrische Fahrzeugmodelle, die das klassische Segment des Mittelklassewagens mit einer vernünftigen Reichweite bedienen“, sagte sie. Entweder gibt es zu oft nur Kleinwagen oder große Limousinen bzw. SUV. Die Modellpolitik der Hersteller stößt damit an die Grenzen, denn sie weiß von vielen Interessenten, die aber nicht die richtigen Modelle finden.
„Verbrenner sind Relikte aus dem letzten Jahrhundert“
Wichtig, so die Politikerin, sei eine breite Akzeptanz. Dazu gehöre die Batterien leistungsfähiger zu machen, um die Reichweiten zu erhöhen. „Für viele kommt ein E-Auto erst ab einer elektrischen Reichweite zwischen 400 und 500 Kilometern in Betracht. Und das ist leider auch in Großstädten kaum anders.“ Auch wenn es nicht verständlich ist.
Gleichwohl ist Günthers Rat an Menschen klar, die den Kauf eines Autos planen: „Wenn ein Auto benötigt wird, sollte es ein Elektroauto sein.“ Klare Worte findet sie aber auch: Benziner oder Dieselautos seien für sie „Relikte aus dem letzten Jahrhundert“. Längst bewiesen ist: „Sie sind schmutzig, laut und klimaschädlich“, so die Grünen-Politikerin.
Hybride sind eine klimaschädliche Mogelpackung
„Ich rate aber auch vom Kauf der sogenannten Hybridfahrzeuge ab. Die elektrische Reichweite ist vielfach sehr gering, oft nur 20 bis 40 Kilometer – und die restliche Zeit fährt man dann ganz klimaschädlich mit fossiler Verbrennungstechnik.“
Hinzu komme, dass solche Fahrzeuge im Verbrenner-Modus häufig 12 oder 13 Liter Benzin schluckten. „Insgesamt also eine klimaschädliche Mogelpackung“, sagte die Verkehrssenatorin Günther der dpa.
Lesen Sie auch
Ladeinfrastruktur: Immer mehr Ladesäulen – aber reicht das?
Elektroauto: AIWAYS – der unterschätzte Chinese
Ladeinfrastruktur: Sind Preise an den Ladesäulen Abzocke der Anbieter?
Elektrifizierung der Berliner Busflotte läuft
Stolz ist die Verkehrssenatorin aber auch, denn bei den Bussen der BVG ist der Einstieg in die Komplettumstellung auf Elektromobilität bereits gelungen. Und dieser soll bis 2030 abgeschlossen werden.
Schon heute gilt die Berliner Verkehrsgesellschaft zu den führenden Anbietern, insbesondere bei der erfolgreichen Umstellung des motorisierten Nahverkehrs auf Elektromobilität. Aktuell fahren bereits über 137 Elektrobusse, davon 17 E-Gelenkbusse in der Stadt. Weitere 90 kommen bis Ende 2022 hinzu. In einem neuen Verkehrsvertrag ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur auf den Betriebshöfen vereinbart worden und für weitere 140 Elektrobusse steht die Finanzierung.