Es scheint, als haben wir etwas Unruhe in einen Sachverhalt gebracht, der zwar zur Stunde noch nicht geklärt ist, aber dennoch Berichtens Wert ist. Es geht um das Schnellladegesetz, Ausschreibungen für Ladesäulen und ganz nebenbei um Audi. Der Hersteller plant laut Mitteilung der deutschen Presseagentur ein eigenständiges Ladenetz mit besonderer Atmosphäre für Fahrer mit Fahrzeugen des Anbieters. Als Nebenerscheinung dürfen offensichtlich auch Fahrzeuge anderer Marken dort laden. Das kommt nicht von ungefähr, denn sowohl Ladesäulenverordung als auch Förderungen für Ladeinfrastruktur lassen hier keine andere Wahl. Wie trickreich man möglicherweise vorgehen könnte, kann man von verschiedenen Seiten betrachten. Ein Geschmäckle bleibt und es wirft Fragen auf. Dazu haben wir nachgefragt: Beim Bundeswirtschaftsministerium und beim Bundesverkehrsministerium.
Gern mehr öffentliche Schnelllader
Die Bundesregierung hat den weiteren Aufbau eines Schnellladenetzes für Elektroautos in Deutschland beschlossen und den Entwurf für ein Schnellladegesetz (SchnellLG) als Grundlage zur Ausschreibung von 1000 zusätzlichen Standorten geschaffen.
Konkret geht es darum ein flächendeckendes Netz von rund 1000 schnellen Ladesäulen zu schaffen. Dafür werden auch Förderungen zur Verfügung gestellt. Mit dem Gesetz könne die Ausschreibung beginnen und so ein flächendeckendes Netz bis 2023 geschaffen werden. Nach Angaben des Verkehrsministeriums gibt es aktuell erst rund 800 Ladepunkte mit mehr als 150 Kilowatt – etwa 2,4 Prozent der gesamten öffentlich zugänglichen Ladesäulen in Deutschland.
Audi, ein Ladenetz und die ersten Überlegungen
Nach IONITY, einem Zusammenschluss verschiedener Hersteller für ein HPC Schnellladenetz in Europa, hatte zuletzt auch die VW Tochter Porsche angekündigt ein eigenes Ladenetz aufbauen zu wollen. Auch die Konzernschwester Audi könnte in Zukunft eigene Ladesäulen bieten.
Der Ingolstädter Premium-Anbieter geht bei den Überlegungen für ein eigenes Ladenetz nun offensichtlich einen Schritt weiter, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Geplant sei demnach ein Ladenetz mit Aufenthaltsräumen. An den neuen Standorten sollen zwar auch Fahrer anderer Marken Energie laden können, aber für Besitzer von AUDI Modellen sei eine Vorzugsbehandlung geplant. Im Spätsommer will Audi bereits eine Pilotanlage an einem noch nicht näher genannten Ort in Deutschland in Betrieb nehmen. Genaue Details will AUDI noch nicht verraten. Laut dem Bericht will AUDI zunächst Erkenntnisse für ein mögliches europaweites Ladenetz sammeln. Um Kunden für den Kauf eines eModells von AUDI zu interessieren, soll die Vorzugsbehandlung der Fahrer sorgen. Audi-Fahrer könnten demnach eine Ladesäule vorab reservieren, statt in Stoßzeiten in der Schlange zu stehen. Auch bei den Aufenthaltsräumen soll ein ihnen vorbehaltener Bereich geplant sein.
Höhere Preise für den Ladestrom zur Refinanzierung sind laut Audi derzeit aber nicht geplant. Das gilt möglicherweise auch für Fremdkunden. Die Kosten der Maßnahme und zur Frage der Wirtschaftlichkeit will sich der Hersteller derzeit nicht äußern. Mögliche Überlegungen dazu hatten bereits Anfang 2021 stattgefunden. Damals ging man von Investitionen in Höhe von gut einer Milliarde Euro aus.
Branchenexperten sehen solche „Alleingänge“ kritisch. Aber die Überlegungen dazu gehen längst weiter, denn „Vorgänger IONITY“ steht nicht nur in der Kritik bei der HPC Schnellladestruktur, sondern Ermittlungen der Kartellbehörden sind noch nicht abgeschlossen.
Politische Unterstützung beim Tricksen?
Verschiedene Gedankenspiele führten nun dazu, dass wir uns fragen, wie solch eine Struktur aussieht. Denn eines war für uns klar: Es geht nicht nur um die Schärfung eines Markenprofils, sondern auch darum möglichst viel Förderungen zu generieren. Das Problem dabei ist, dass Fördermittel an Bedingungen geknüpft sind. Das gilt nun auch Audi, Porsche und Co. Zudem gelten die Ladesäulenverordnung und der Subventionstatbestand auf europäischer Ebene. Zusätzlich kommen nun die Förderungen aus dem neuen Schnellladegesetz. Zwar an EU-Bedingungen geknüpft, aber es scheint sicher, dass man auch hier Schlupflöcher gesucht hat oder suchen wird, um das Beihilferecht zu umgehen oder möglicherweise auszutricksen.
Die Frage nach dem Fragen
Dazu habe ich an das Bundeswirtschaftsministerium eine Anfrage rausgeschickt, die zunächst damit beantwortet wurde, weil man nach eigenen Angaben nicht zuständig sei. Man verwies an das Bundesverkehrsministerium. In einem ersten Telefonat wollte man unseren Hintergrund der Fragen klären. So heißt es in unserer Anfrage: „Lässt die Förderstruktur des Bundes und das neue Schnelladegesetz die Möglichkeit offen für „bestimmte Hersteller“ Fördermittel zu generieren, um öffentliche Ladeinfrastruktur aufzubauen, die nicht den Bedingungen der Ladesäulenverordnung entspricht?“ Eine, von zahlreichen konkreten Fragen. Ein Mitarbeiter gab mir gegenüber zu, dass das Schnellladegesetz dazu möglicherweise geeignet sei. Wirklich? Hintergrund unserer Frage ist u.a. die Tatsache, dass die Ladesäulenverordnung vorschreibt, dass der barrierefreie Zugang zu öffentlich geförderten Ladesäulen ermöglicht werden muss. Ist aber eine öffentlich geförderte Ladesäule, unter der Bedingung der Ladesäulenverordnung entstanden und werden die Bedingungen nicht erfüllt hat der Betreiber derzeit ein Problem. Fördermittel könnten verweigert werden. Eigentlich ist die Sache damit klar. Das Problem für AUDI könnte z.B. dann entstehen, wenn beispielsweise Softwarelösungen dazu führen, dass Ladepunkte durch Audi reserviert und damit für andere blockiert würden. Das ist nach geltender Verordnung nicht zulässig. Gut so, denn es widerspricht den Verlautbarungen, auch auf politischer Ebene.
Haben wir damit in ein Wespennest gestochen? Fest steht: Man zeigt sich „irritiert“ und will versuchen unsere Fragen zu beantworten. Mal sehen, wann was kommt. Merkwürdig war die Frage: „Warum möchten Sie das wissen?“
Wir möchten nur sicherstellen, dass für alle die gleichen Bedingungen herrschen. Eben auch bei den Förderungen die schließlich alle Steuerzahler zahlen, egal mit welchem Stromer sie unterwegs sind.
Kartellermittlungen bei IONITY als Entscheidung für AUDI?
Unsere Sensibilisierung kommt aus der Praxis. Denn zumindest ähnlich stellt sich die Situation ganz ähnlich dar, wie derzeit bei IONITY. Zwar gewährt man „zähneknirschend“ und mit nicht marktüblichen Preisen den Zugang zum Ladenetz für alle, aber dieses Hin und Her hat schon seit dem vergangenen Jahr das Kartellamt auf den Plan gerufen. Sehr merkwürdig dazu die Reaktion aus der Politik. Offensichtlich lässt man IONITY gewähren.
Klar positioniert in dieser Sache hat sich AUDI aber auch nicht. Denn offensichtlich lässt man sich ein „Schlupfloch“, sodass der Ladepreis möglicherweise für „Fremdfabrikate“ höher sein könnte als für Modelle von AUDI. Es scheint, als warte man die Konsequenzen im Fall „IONITY“ ab.
Sowohl Bundesverkehrsministerium als auch das Bundeswirtschaftsministerium sicherten uns eine Antwort auch zu diesen Fragen zu. Ob die Antwort eine Antwort im Sinne der Frage darstellen, oder eher eine Ausrede sein wird bleibt offen. Darüber werden wir aber sicherlich berichten.
Das Superwahljahr und Lobbyarbeit als Helfer?
Welche Überlegungen und Strategien werden genutzt, um Förderrecht, Ladesäulenverordnung und Beihilferecht auszuhebeln? Wir fragen uns das deshalb, weil es im Superwahljahr möglich erscheint, dass mal wieder lobbybezogen mit Unterstützung eines bayrischen CSU-Bundesverkehrsministers für das bayrische Unternehmen AUDI Lücken geschaffen werden könnten. Der Steuerzahler könnte für einen Premiumhersteller die Zeche zahlen. Profiteur könnte demnach der Hersteller sein, nicht aber die Allgemeinheit. Unabhängig davon scheint klar, dass wir noch einiges mehr an öffentlicher Ladeinfrastruktur brauchen. Aber für alle – zumindest dann, wenn Fördergelder genutzt werden.
Tesla, mit einem eigenen Netz aus Superchargern hat keine Fördergelder in Anspruch genommen und darf deshalb so verfahren, dass Fahrzeuge des Herstellers exklusiv an den Schnellladern nachladen können. Andere Marken haben dort keine Möglichkeit.
Ja, Audi, Porsche oder andere Hersteller: Sie dürfen sich ein eigenes Netz aufbauen, aber bitte nur dann, wenn ALLE davon profitieren, weil auch von allen Steuerzahlern Fördermittel gestellt werden. Es wäre sehr dreist, wenn die Politik mal wieder unterstützt und verschweigt, wie es sich wirklich verhält.