Elektromobilität und Logistik: Wie netzdienliche Ladestrategien das Stromnetz entlasten können

Bildquelle: Joschi71, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Elektrische Fuhrparks in der Logistikbranche können eine gesicherte Flexibilität für das Stromnetz bieten. Durch netzdienliche Ladestrategien können sie Engpässe oder Überlastungen in Verteilnetzen vermeiden und Strom aus erneuerbaren Energien flexibler nutzen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das Projekt Netz_eLOG und seine Ergebnisse.

Das Projekt Netz_eLOG und seine Ergebnisse

Das Team des Projekts Netz_eLOG, bestehend aus dem Reiner Lemoine Institut (RLI), IAV und der E.DIS Netz GmbH, untersuchte die Auswirkungen der Elektromobilität auf das Stromnetz am Beispiel eines Fuhrparks der Deutschen Post in Kleinmachnow. Im Rahmen des Projekts wurde ein Praxistest mit 30 Elektrofahrzeugen (StreetScooter) der Deutschen Post AG durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen, dass netzdienliche Ladestrategien den Stromverbrauch von Fahrzeugen an eine schwankende Einspeisung erneuerbarer Energien anpassen können. Dies trägt dazu bei, einspeisebedingte Belastungsspitzen im Stromnetz zu reduzieren. Simulationen ergaben zudem, dass bis zu einem Viertel des Ladestroms für einen vergleichbaren Fuhrpark durch Strom aus Erzeugungsanlagen bereitgestellt werden könnte, die ohne diese Strategie abgeregelt worden wären.

Fahrzeugflotte als große Batterie

Das Projektteam stellte fest, dass E-Fahrzeuge einer Flotte mit ähnlichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten Verteilnetzbetreibern eine gesicherte Flexibilität bieten können. Solche Fuhrparks können innerhalb einer klaren Standzeit konkrete Leistungsvorgaben des Netzbetreibers umsetzen. Die Flotte fungiert dabei als große stationäre Batterie, deren Flexibilität als mobiler Speicher auf die Standzeiten der Fahrzeuge begrenzt ist.

Erfolgreiche netzdienliche Steuerung

Im Praxistest konnte E.DIS direkt aus der Leitstelle Steuersignale für die Ladevorgänge des Fuhrparks senden und so zum Beispiel einen gewünschten Ladefahrplan im Projekt umsetzen. Voraussetzung dafür war eine von IAV entwickelte IoT-Plattform als Software as a Service-Anwendung. Dort waren unter anderem Ladepunkte, Leistungsmesswerte und die Leitstelle für den Netzbetrieb angebunden.

Mit der Anwendung und entsprechenden Daten hat das Projektteam Ladepläne für die Zukunft erzeugt und aus vergangenem Ladeverhalten gelernt. Die sichere Nachrichtenübertragung zur Ladesäule basierte auf dem Open Charge Point Protokoll, das eine interoperable Kommunikation mit den Ladepunkten ermöglicht und die Anbindung an die Leitstelle des Netzbetreibers erlaubt. Dies ist eine Voraussetzung für die Nutzung netzdienlicher Flexibilität.

Open-Source-Modell für Ladestrategien entwickelt

Das RLI hat ein Open-Source-Modell namens SpiceEV zur Simulation und Analyse von Ladestrategien entwickelt. Damit wurden weitere Fuhrparke aus den Bereichen Logistik, Handel oder Dienstleistung untersucht. Die Analysen in verschiedenen Netzgebieten und für weitere Anwendungsfälle ergaben ähnliche Ergebnisse wie der Praxistest mit DHL.

Herausforderungen und Potenziale netzdienlicher Ladestrategien

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse des Projekts Netz_eLOG gibt es noch einige Herausforderungen bei der Umsetzung netzdienlicher Ladestrategien. Dazu zählen unter anderem die Anpassung der Netzentgelte als Anreizsystem, die Interoperabilität von Ladesäulen und Kommunikationsprotokollen sowie die Integration von Elektrofahrzeugen in bestehende Energiemanagementsysteme.

Die Potenziale netzdienlicher Ladestrategien liegen jedoch nicht nur in der Entlastung des Stromnetzes und der flexiblen Nutzung erneuerbarer Energien. Sie bieten auch Chancen für innovative Geschäftsmodelle und Dienstleistungen, wie z.B:

  • Vehicle-to-Grid (V2G): Hierbei wird der bidirektionale Energietransfer zwischen E-Fahrzeugen und dem Stromnetz ermöglicht. So können E-Fahrzeuge nicht nur Energie aus dem Netz beziehen, sondern bei Bedarf auch überschüssige Energie ins Netz zurückspeisen.
  • Smart Charging: Mit intelligenten Ladesystemen können Elektrofahrzeuge gezielt dann geladen werden, wenn Strom aus erneuerbaren Energien im Überfluss vorhanden ist oder die Netzlast gering ist. Dies kann dazu beitragen, den Verbrauch von konventionellem Strom zu reduzieren und die CO2-Emissionen weiter zu senken.
  • Flottenmanagement und Energiedienstleistungen: Unternehmen können sowohl ihre Energiekosten als auch ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren, indem sie Ladevorgänge optimieren und Elektrofahrzeuge in ihr Energiemanagementsystem integrieren.

Ausblick und Bedeutung für die Energiewende

Die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission für ein Reduktionsziel von 90 Prozent weniger CO2 im Bereich Nutzfahrzeuge bis 2040 werden den Hochlauf der Elektromobilität weiter fördern. Das Projekt Netz_eLOG zeigt, dass gerade im Logistikbereich netzdienliche Ladestrategien die Energiewende unterstützen können. Unter den richtigen Rahmenbedingungen können diese Strategien auch Kosten für Flotten- und Netzbetreiber reduzieren.

Um dieses Potenzial zu nutzen, gilt es, die Netzentgelte als Anreizsystem weiterzuentwickeln. Durch die erfolgreiche Umsetzung von netzdienlichen Ladestrategien kann die Elektromobilität in der Logistikbranche einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Stromnetze und zur Förderung von erneuerbaren Energien leisten.

Fazit

Elektrische Fuhrparks in der Logistikbranche können eine gesicherte Flexibilität für das Stromnetz bieten und durch netzdienliche Ladestrategien dazu beitragen, Engpässe oder Überlastungen in Verteilnetzen zu vermeiden. Das Projekt Netz_eLOG liefert wertvolle Erkenntnisse für die erfolgreiche Integration von Elektromobilität in der Logistik und zeigt, wie Fuhrparks als flexible Last für einen effizienten Betrieb des Verteilnetzes genutzt werden können. Die Energiewende kann durch netzdienliche Ladestrategien im Logistikbereich unterstützt werden, wodurch Kosten für Flotten- und Netzbetreiber reduziert werden können.

Quelle: https://reiner-lemoine-institut.de/forschungsfelder/sp-netzintegration-emobilitaet/

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