Mobilität: Neue Bußgelder könnten Probleme an Ladesäulen machen

Bild: emobicon®

Der neue Bußgeldkatalog ist da und damit treten nun auch Änderungen in Kraft die höhere Strafen für viele Delikte im Straßenverkehr nach sich ziehen. Neben höheren Bußgeldern für Geschwindigkeitsüberschreitungen muss man für das Parken an Ladestationen künftig mit einem “Knöllchen” von 55 € rechnen. Das ist zielführend und dennoch ein Problem. Neue Tricks werden nun zu neuen Problemen führen. Das neue Phänomen heißt: „gefaktes Laden“. Und wer will und kann das kontrollieren?

Ein neues Phänomen könnte salonfähig werden

Das Problem gab es schon häufig. Die Polizei oder die Ordnungsbehörden drücken ein Auge zu, wenn Verbrenner auf dem Platz vor einer Ladestation standen und man als Fahrer eines Stromers keine Chance hatte Laden zu können. Im Einzelfall gab es Maßnahmen wie das Abschleppen der Fahrzeuge. Aber ein Kampf um ein paar Kilowattstunden Strom war durchaus ein Risiko. Und: Durch die neuen Bußgelder könnte ein neues Phänomen salonfähig werden, welches man offensichtlich nicht auf dem Schirm hatte. Dabei liegt es auf der Hand. Man nutzt die Unwissenheit der Kontrolleure. Im Tricksen sind Autofahrer immer Spitze.

Der Ladeplatz wird oft zweckentfremdet

Ladeplätze werden unterschiedlich gekennzeichnet. Von freiem Parken während des Ladevorganges bis zur Höchstparkdauer selbst bei laufendem Ladevorgang – sehr viel ist möglich. Und das macht es oft verwirrend und gibt offensichtlich viel Spielraum für den Missbrauch. Der Nutzer eines Fahrzeuges sollte die Straßenverkehrsordnung und damit auch die Beschilderung kennen. Die Ausreden, gerade wenn es um das Parken geht, sind aber sehr vielfältig. Ist eine Ladesäule mit einem klassischen Parkverbot gekennzeichnet darf man sich dort nicht hinstellen. Dann gilt das Parken für Stromer nur während des Ladevorganges.

In der Vergangenheit konnte man aber auch immer wieder beobachten, dass Elektrofahrzeuge die meist kostenfreien Ladeplätze nutzen, um zu parken, aber aktiv nicht laden. Und dann? Auch das wird künftig mit einem Bußgeld belegt. Auffällig ist aber insbesondere, dass Plug-In Modelle an den Plätzen parken, das Ladekabel mit Ladestation und Fahrzeug verbinden, aber nicht laden. Das nennt man „gefakter Ladevorgang“

Für das Ordnungsamt ist die Situation nicht immer eindeutig

Es ist nicht nur frech und dreist, sondern deshalb auch problematisch, weil eine Ordnungsbehörde und deren Kontrolleure zwar ein Elektrofahrzeug oder elektrifiziertes Modell am “E” Kennzeichen erkennen können, aber in der Regel kaum den Anspruch haben, zu kontrollieren, ob ein Ladevorgang auch tatsächlich stattfindet. Schon vor einiger Zeit sprach ich mit Kollegen der Ordnungsbehörden der Stadt Köln. Dort hieß es sogar, dass man eigentlich checken müsste, ob ein Ladevorgang pausiert oder sogar beendet ist. Auch dann wäre ein Bußgeld fällig. Hierzu gibt es keine klaren Spielregeln. Mitarbeiter der Stadt Köln sagen uns, dass sie nur im Einzelfall prüfen können, ob ein Fahrzeug lädt. Eine technische Unterweisung gibt es nicht. Das Problem ist auch, dass man nicht an allen Ladestationen erkennen könne ob tatsächlich geladen wird. Damit ist die Situation nicht immer glasklar und eindeutig. Nur selten sind die Ordnungshüter auf Zack und haben wirklich Ahnung in allen Zusammenhängen.

Parkplätze werden zu Ladeplätzen – die Situation verschärft sich

Da der Parkraum in Städten ohnehin teuer und eingeschränkt ist, kann man derzeit davon ausgehen, dass diese Situation weiter ausgenutzt wird. Zumindest rechnen wir mit einer Verschlechterung der Lademöglichkeiten gerade in Metropolen durch den Egoismus einiger, die aus unserer Sicht leider immer mehr werden. Auch wenn die (AC) Lademöglichkeiten zunehmen werden, bleibt die Situation angespannt, denn auch immer mehr Elektrofahrzeuge und elektrifizierte Modelle kommen auf die Straße. Der Parkraum nimmt ja nicht zu, eher ab, denn Parkplätze wie man sie kennt, werden zu Ladeplätzen.

Betreiber: „So ein Verhalten ist geschäftsschädigend”

Wir haben auch bei einigen Betreibern von Ladestationen nachgefragt, ob es Lösungsansätze gibt um dieses Problem nicht Alltag werden zu lassen. Während die meisten Anbieter sagen, dass Ihnen meistens die Hände gebunden sind, weil sie nur der Betreiber einer Ladestation, nicht aber die Aufsicht eines (öffentlichen) Parkraumes sind, sagen andere, dass Ihnen das Thema bewusst ist. In Gesprächen geht es auch darum, dass Betreiber von  “Geschäftsschädigung” reden. Plug-In Hybride halten sich in rund 60 Prozent der Fälle länger an Ladestationen auf, als sie müssten. Damit blockieren sie vorsätzlich Ladestationen und behindern damit das Geschäftsmodell der Betreiber. Für weitere Maßnahmen fehlt derzeit der gesetzliche Rahmen, denn das meist “einphasige Laden” von Plug-In Hybriden ist auch noch Standard in etwas älteren vollelektrischen Fahrzeugen.

Carsharing Fahrzeuge können auch ein Problem sein

Auch reine Stromer waren hier und da ein Problem. Sie stellen sich an eine Ladestation, geladen wird nicht. Leute, dass kann es echt nicht sein! Auch ärgerlich, wenn Carsharing-Dienste Ladesäulen blockieren, in dem diese dort oft voll geladen oder sogar ohne Ladekabel an den Stationen stehen. Sie alle haben ein Parkproblem – aber so?

Das Problem ist aber auch dann vorhanden, wenn nicht klar ist: Wem gehört das Grundstück auf dem die Ladesäule steht. Ist das der öffentliche Raum, da wo auch kontrolliert wird, oder ist es ein Privatgrundstück?  Ist es letzteres, dann gelten nicht alle Spielregeln und ein Bußgeld wird es nur geben, wenn die Bedingungen klar definiert sind.

Eine Blockier-Gebühr reicht nicht mehr aus

Zwar gibt es an den Ladeplätzen häufig eine Begrenzung der Ladezeiten, aber dies reicht nicht aus. Auch eine “Blockier-Gebühr” bei einigen Anbietern hilft nur bedingt. Diese soll eine Sensibilisierung sein, nach 4 Stunden den Platz zu räumen. Das Problem geht aber auch weiter. Parkt ein Fahrzeug an der Ladestation, hat einen „gefakten Ladevorgang“, dann führt das aber auch dazu, dass die App eines Anbieters die Ladestation nicht als besetzt, sondern als frei kennzeichnet. Also wird man damit rechnen müssen, dass eine angeblich freie Ladestation doch besetzt ist. Das ist ziemlich ärgerlich.

Wir haben dem Bundesverkehrsministerium zu diesem Thema einige Fragen geschickt. Pauschal und kurz geantwortet heißt es: “Ordnungsbehörden müssen immer die Verhältnismäßigkeit prüfen, bevor sie Bußgelder verhängen. … Wir appellieren an die Verkehrsteilnehmer sich rücksichtsvoll zu verhalten… Sollten wir davon Kenntnis erhalten, dass diese beschriebenen Situationen zu einem Problem werden, werden wir entsprechend reagieren…”

Wie so oft schwammig und ohne wirkliche Aussage. Die meisten Fragen blieben zudem unbeantwortet.

Also abwarten???

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2 Gedanken zu „Mobilität: Neue Bußgelder könnten Probleme an Ladesäulen machen“

  1. Es gibt noch ganz anderen Problem, leider wird er nicht angesprochen. Es geht um Autos von Anbieter z.B. „We Share“. Die Benutzer parken einfach auf Ladeplätze ohne den Wagen zu laden.
    Die Ladeplätze sind dann oft Stundenlang besetzt, obwohl die Autos nicht geladen werden. Die Benutzer und auch die Betreiber bezahlen keine Blockiergebühen.
    Es passiert, besonders in großen Städten, dass Share Autos paar Tagen stehen, blockieren Ladeplatz und trotzdem bezahlen keine Strafzettel oder Blockiergebühen. Ist das fair und Gerechtigkeit?

    Antworten
    • Hallo.
      Ja, das Problem ist in der Tat riesig. Ich habe das im Beitrag “angerissen”. Das Problem hier ist, dass es auch Verträge mit Ladesäulenbetreibern gibt die dem Carsharing “Sonderrechte” geben. Man muss eben klar unterscheiden: Steht so eine Ladesäule im öffentlichen Raum ODER ist das ein Privatgrundstück. Da gilt die Verordnung nicht oder eingeschränkt. Klar ist das jedenfalls nicht immer. Ich fürchte, es kommt einiges auf uns zu und ich fürchte die Situation wird nicht leicht(er)

      Gruss H.N. Depta | emobicon

      Antworten

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