Ladeinfrastruktur: Laden mit Zwangspause – Aufregung wegen Nichts!

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Wird es eine “Zwangspause beim Laden” geben, wenn Elektrofahrzeuge an der Wallbox hängen? Die Aufregung ist groß und unverständlich zu gleich, wenn man weiß, dass dieses Thema kein neues Thema ist. Das Bundeswirtschaftsministerium soll Stromanbietern durch eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes die Möglichkeit einräumen, große Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepumpen zeitweise ferngesteuert vom Netz zu nehmen. So ein Gesetzesentwurf. Was ist daran neu? Nichts. Denn mit der Förderung netzdienlicher Wallboxen in Höhe von 900 € war genau das bereits längst bekannt. Und es wird in Einzelfällen sowieso zu Leistungsänderungen der Ladeleistungen, in seltenen Fällen auch zu kurzzeitigen Abschaltungen kommen. Es ist bereits gängige Praxis…

Aufregung des VDA wegen Nichts

Es geht um die Spitzenglättung. Diese regelt in Paragraf 14a, dass bei möglicher oder drohender Überlastung der Verteilnetze sogenannte „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“, zu denen Elektroautoladestationen und Wärmepumpen gehören, bis zu zwei Stunden pro Tag eine geregelte Leistung bekommen, oder für kurze Zeit abgeschaltet werden können. Das muss geregelt werden. Gut so. Warum sich ausgerechnet mal wieder der Verband der Automobilindustrie künstlich darüber aufregt ist unverständlich. Erstens wussten auch die Hersteller seit langem, dass man solch eine Regelung benötigen wird, um insgesamt eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Und zweitens ist es doch die Automobilindustrie, die ständig gegen Maßnahmen für die Elektromobilität sind. Der ständige Widerspruch ist offensichtlich. Sie sprechen von “tollen Innovationen”, gleichzeitig entwickeln Hersteller DC Stationen, die bei Privatpersonen ohnehin nicht möglich sein werden und, sollte es doch einmal möglich sein, geregelt werden müssten. Aber das hört man vom VDA nicht! Es geht, so unser Eindruck, nur um das Pushen der Plug-in Modelle. Sie widersprechen sich – ständig, wiederholt und ganz bewusst.

Es geht um Netzstabilität für alle

Was daran schlecht sein soll, wie der Verband der Automobilindustrie behauptet, erschließt sich uns nicht. Auch deshalb, weil die meisten Fahrzeuge nur nachladen und mehr stehen als fahren. Die Aufregung kommt natürlich auch deshalb aus der wilden Theorie und den Lagern der Fahrer von Verbrennern – ein Elektroauto Fahrer weiß das in der Regel.

Der BDEW sagt zurecht: „Die Spitzenglättung ist das Ergebnis eines langen, gutachterlich gestützten Prozesses im Bundeswirtschaftsministerium“. Dabei wurden auch Alternativen diskutiert, aber wir sind überzeugt, dass die Spitzenglättung das am besten geeignete Instrument ist, um die Netzstabilität zu gewährleisten.“

Es wird niemandem was weggenommen und diese Möglichkeit gibt es schon länger. Wenn Privatanschlüsse eine 22 kWh Ladestation haben wollen, wird diese nur genehmigt, wenn der Netzbetreiber dafür die Netzleistung steuern kann. Nichts Unbekanntes also.

Es geht nur um eine faire Regelung

Dem Energieverband geht es dabei um nichts anderes, als die Kosten für den Netzausbau gering zu halten. In einer Stellungnahme heißt es dazu: „Es ist ineffizient, die Netze so auszubauen, dass auch noch in absoluten Spitzenzeiten die letzte Kilowattstunde geliefert werden kann, wenn eine kleine zeitliche Verschiebung des Verbrauchs ohne Komforteinbußen für die Kunden möglich ist“. Trotz allem ist klar, dass die Netze weiter ausgebaut werden (müssen). Einziges Ziel ist es, die Netzstabilität zu garantieren. Das ist auch sinnvoll. Ein paar Beispiele:


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Woanders geht es auch

Ladeeinrichtungen sind für die Elektromobilität unabdingbar und sinnvoll ist es, diese zusätzlichen Verbraucher steuern zu können. So wird es in Norwegen schon seit 2018 geregelt. Das heißt, dass die Ladeleistungen von Wallboxen, sogar im öffentlichen Raum reduziert wird, wenn die üblichen Verbraucher wie Industrie und Gesellschaft die Netzkapazität in Not bringen. Es funktioniert prima und bedeutet keine Nachteile für Stromer. Im Übrigen gab es solche Diskussionen auch dort – heute klappt es prima. Das Thema darf sich entwickeln.

Längst Alltag – auch ohne Gesetz

Wenn wir heute bei Unternehmen Ladestationen für den Fuhrpark oder für Mitarbeiter aufbauen, schauen wir uns immer auch die Spitzenlast eines Unternehmens an. Das ist deshalb wichtig, weil ein Unternehmen, welches über die Spitzenlast Strom verbraucht die ein Netzbetreiber zur Verfügung stellen muss, enorme Mehrkosten hat. Diesen Aufwand lässt man sich zurecht bezahlen. Umgehen kann man das mit einem Lastmanagement. Dabei regelt man die Ladeleistung nach Netzlast. Ein völlig normaler Vorgang.  Und dieses Regeln sind heute bereits Alltag. Nichts anderes ist die Spitzenglättung. Die Last verändert sich und das Laden von Fahrzeugen kann dabei zweitrangig sein. Man kann sich das auch so vorstellen: Ein Unternehmen fährt die Produktion hoch – die Netzlast ist hoch, an der Grenze der Spitzenlast. Währenddessen wird die Ladeleistung der Ladestationen reduziert, bis sich der Wert wieder normalisiert. 

Mit der aktuellen KfW Förderung ist das eine Vorgabe der Förderstelle. Man gewährt dem Netzbetreiber das Regeln der Ladestation. Will man die Förderung deshalb nicht nutzen, wird man wahrscheinlich ohnehin eine Vorgabe bekommen, denn immer mehr Netzbetreiber schreiben diese Möglichkeit vor. Ohnehin ist jede Ladestation und jeder Anschluss, der für das Laden eines Stromers vorgesehen ist, meldepflichtig, ab 12 kWh Ladeleistung meistens sogar anmeldepflichtig. Hier gibt es ohnehin netzdienliche Auflagen. Erinnern wir uns mal an früher: Nachtspeicherheizung – war reguliert und keiner musste frieren.

Ohnehin bieten immer mehr Energieversorger spezielle Autostromtarife. Man bekommt günstigen Strom, dafür ist aber ein vertraglicher Bestandteil die mögliche Regulierung von Ladeleistung und oder der Ladezeit. Grundlage des Autostromtarifs ist das Energiewirtschaftsgesetz, das es Netzbetreibern erlaubt, Elektrofahrzeuge als „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“ zu behandeln. Deshalb ist es deutlich günstiger, Autostrom zu laden als normalen Haushaltsstrom.

Die Diskussion geht weiter

Es gibt, aus unserer Sicht, kein Zurück mehr. Man kann und man darf natürlich über alles diskutieren, denn geregelt werden müssen diese Maßnahmen ohnehin. Es heißt aus dem zuständigen Ministerium, dass die Spitzenglättung wohl im Gesetz bleibe, allerdings könnte die Definition geändert werden, welche Verbraucher abgeschaltet werden dürfen.

Sie kommt ohnehin durch die Hintertür, denn sogenannte SMART METER regeln künftig das was man sowieso vorhat. Ladestation, Netz, Wärmepumpe etc. Das ganze Themenfeld darf sich entwickeln. Dazu gehören eine Reihe von Maßnahmen die einfach notwendig sind. Trotzdem sind sie alltagstauglich. Das ewige Jammern: Man nimmt mir was weg, ist schon lächerlich, denn diese Aussagen und Behauptungen kommen in der Regel aus der Abteilung Theorie und haben mit der Praxis eher wenig zu tun!

Förderungen werden angepasst werden

All das und noch einiges mehr wird auch die Förderlandschaft verändern. Klar ist schon länger: Die Förderung für Plug-in Modelle wird nach einer Reduzierung beendet – schneller, als die meisten glauben. So wie zuletzt die KfW Förderung mit der Auflage der Steuerbarkeit zehntausendfach beantragt wurde, werden Smart Meter, Regelungen, Ökostrom und vieles mehr Bestandteile von Förderungen. Diese werden immer wieder angepasst. In den letzten 2 Jahren gab es so viele Änderungen, dass wir sie nicht mehr zählen können. Unsere Datenbank zeigt aktuell 826 Fördermöglichkeiten – viel mehr als KfW und BAFA – das sind einfache Basislösungen. Einige Änderungen sind längst in der Planung wie wir wissen. Es wird insgesamt spezieller und darauf müssen sich alle einstellen. Das Gute aber: Förderungen wird es vorerst weiter geben.

UPDATE vom 18.1.2021

Aus einem kürzlich veröffentlichten Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) geht hervor, dass die Regierung zum Schutz des Stromnetzes über die Möglichkeit für Zwangs-Ladepausen für Elektroautos nachdenkt. Sie ist ohnehin längst Praxis und im Test von immer mehr Energienetzbetreibern. Eine Änderung dieses Entwurfes des Energiewirtschaftsgesetzes würde es Stromanbietern ermöglichen, große Verbraucher aus der Ferne vom Netz zu nehmen. Die Behörde rudert nun aber zunächst zurück.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier wird laut seiner Behörde in den kommenden Tagen zum Thema Laden von Elektroautos mit den Fahrzeugherstellern sowie den Netzbetreibern Gespräche führen. Anschließend werde er einen neuen, für alle Beteiligten akzeptablen Vorschlag vorlegen.

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